Es bleibt Teil der Tragödie, dass die Hellenen in
ihrer Verzweiflung und Sorge keinen klaren Kurs favorisieren. Die
ersten Nachrichten zur Parlamentswahl – lange vor einem Zählergebnis
in der Nacht – wiesen Konservativen wie Linken gestern Abend ein
annähernd gleiches Votum zu. Keine erkennbaren Mehrheiten für eine
stabile Regierung. Keine Antworten auf die Frage, wie es das Land
weiter mit dem Euro und mit Europa hält. Ein Wahltag, der das Zittern
um das Schicksal des bankrotten Landes nicht beendet. Griechenlands
Probleme zehren weiter an den Nerven der Welt. Armes Europa! Wenn die
Griechen nicht die ihnen abverlangte Energie und Disziplin
aufbringen, das Reform- und Sparpaket in die Tat umzusetzen, dann
werden auch andere Nationen zögern und zaudern. Wut statt Mut – wie
soll die Staatengemeinschaft bei so einer Grundhaltung die Zukunft
gewinnen? Europas Ansehen in der Welt leidet von Tag zu Tag mehr. Die
Griechen sind auch nach der zweiten Parlamentswahl binnen weniger
Wochen tief gespalten und schwerer denn je einzuschätzen. Doch wie
sollen sie das dringend notwendige Vertrauen zurückgewinnen, wenn
ihnen kein Parlament zur Verfügung steht, das politisch führt, kein
Ministerrat, der die Staatsschuldenkrise als Wurzel allen Übels
angeht? Wolfgang Kleideiter
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