In der aufgeheizten Atmosphäre des gestrigen
Generalaussprache flogen im Parlament gestern zumindest verbal die
Fäuste. Grund der Fehde war der scharfe Angriff von
Linken-Fraktionschef Gregor Gysi auf Bundespräsident Joachim Gauck,
dem er die pauschale Aufforderung zu mehr deutschen Militäreinsätzen
im Ausland unterstellte. Was so allerdings nicht stimmt. Dass sich
Gysi in diesem Zusammenhang nicht klar von der schlimmen Entgleisung
eines Brandenburger Links-Abgeordneten distanzierte, Gauck sei ein
„widerlicher Kriegshetzer“, ist unverantwortlich. Er brachte
Koalitionspolitiker damit vollends auf die Palme. Indem sich freilich
die Fraktionschefs Volker Kauder und Thomas Oppermann auf den
rhetorischen Haudrauf und Oppositionschef Gysi einschossen, machten
sie dessen Attacke auf Gauck erst so richtig zum Politikum. Der
Linken-Medienstar mag sich über die wütenden Konter aus der
schwarz-roten Koalition sogar gefreut haben. Viel Feind, viel Ehr.
Doch die Frage muss erlaubt sein: Wem nützen solche gegenseitigen
Beschimpfungen, das Verdrehen von Zitaten, das Unterstellen böser
Absichten? Im Grunde doch nur jenen, die das Parlament schon immer
als eine unnütze Schwatzbude denunziert haben. Schlammschlachten im
Bundestag fördern nur den Verdruss an Politik und der Demokratie
insgesamt. Verbale Abrüstung, genaues Hinhören, verantwortungsvolles
Differenzieren täten in dieser Situation not. Doch leider sind solche
Tugenden selten. Dabei ist Kritik an Äußerungen des Staatsoberhauptes
durchaus keine Majestätsbeleidigung. Zumal der einstige Pfarrer Gauck
in seinen Vorstößen zu Bundeswehreinsätzen äußerst vage bleibt. Was
genau er meint, lässt der Präsident offen. Deutschland sagt doch
längst nicht mehr aus Prinzip „nein“, noch reflexhaft „ja“ zu
Auslandseinsätzen, sondern stellt sich seiner Verantwortung. Über
Sinn und Nutzen der Einsätze, vom Balkan bis Afghanistan, kann und
muss man streiten.
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Ostsee-Zeitung
Jan-Peter Schröder
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