WAZ: Land muss beherzt aufklären – Kommentar von Tobias Blasius zu Medikamententests

Im Skandal um Medikamentenversuche an Heimkindern
hat sich NRW-Gesundheitsministerin Steffens für zuständig erklärt –
obwohl die Faktenlage bislang ungesichert und die Jugendhilfe gar
nicht ihr Verantwortungsbereich ist. Das ist der einzig richtige
Umgang mit der erschütternden Studie zu Testreihen mit
Schutzbefohlenen zwischen den 50er- und 70er-Jahren. Die
Landesregierung sollte nun schleunigst ein Forschergremium an die
Aufarbeitung der unhaltbaren Zustände in mehreren Kinderheimen
setzen.

Steffens hat vorab die unheilvolle Mitwirkung von Landesbehörden
bei manchen Medikamentenversuchen offen eingeräumt. Das lässt auf
eine Aufklärung ohne politische Rücksichtnahmen hoffen. Die
Ministerin weiß aus ihrem viel gelobten wissenschaftlichen
Forschungsprojekt zum Contergan-Skandal um die hohe symbolische
Bedeutung einer beherzten Aufklärung für die Betroffenen. Die
Contergan-Studie hatte erstmals die gesellschaftlichen
Rahmenbedingungen und das Versagen der Gesundheitsaufsicht
systematisch beleuchtet. Steffens entschuldigte sich für die
Versäumnisse des Landes. Eine solche Geste könnte am Ende der
Aufklärung des Medikamenten-Skandals auch das Leid ehemaliger
Heimkinder lindern.

Pressekontakt:
Westdeutsche Allgemeine Zeitung
Zentralredaktion
Telefon: 0201 – 804 6519
zentralredaktion@waz.de

Original-Content von: Westdeutsche Allgemeine Zeitung, übermittelt durch news aktuell