Der Chef des Bündnisses „Pro Chemnitz“ und Mitorganisator der
dortigen Demonstrationen, Martin Kohlmann, wird nach Recherchen des
ARD-Magazins „Report Mainz“ seit Jahren vom Verfassungsschutz als
Teil der rechtsextremistischen Szene beobachtet. Das Landesamt für
Verfassungsschutz Sachsen teilte auf Anfrage von „Report Mainz“
schriftlich mit:
„Bei Martin Kohlmann als Chef von Pro Chemnitz handelt es sich um
einen langjährigen Szeneaktivisten, der dem sächsischen
Verfassungsschutz aus rechtsextremistischen Zusammenhängen bekannt
ist.“
„Pro Chemnitz“ selbst ist nicht Beobachtungsgegenstand des
Verfassungsschutzes. Nach exklusiven Recherchen von „Report Mainz“
unterhielt Martin Kohlmann allerdings enge Kontakte zu der 2014
verbotenen Gruppierung „Nationale Sozialisten Chemnitz“ (NSC). Dies
geht aus geheimen Ermittlungsunterlagen der Jahre 2011 bis 2013
hervor, aus denen „Report Mainz“ wörtlich zitiert. Bei den NSC
handelte es sich laut Verbotsverfügung um eine gewaltbereite
Neonazi-Gruppe, deren Ziel die Errichtung eines
nationalsozialistischen Staates war. NSC-Mitglieder nahmen regelmäßig
an Schießübungen teil und waren laut Verbotsverfügung beteiligt an
Angriffen auf Migranten.
Laut Geheimdienst-Unterlagen habe Kohlmann mit mehreren damaligen
NSC-Führungskadern gemeinsame Aktionen geplant, unter anderem
Demonstrationen gegen Flüchtlinge. Kohlmann habe zudem
Mobilisierungs-SMS für ein NSC-Führungsmitglied verfasst, die Rede
eines NSC-Aktivisten und das Stellen von Ordnern für gemeinsame
Veranstaltungen abgestimmt. NSC-Aktivisten seien zudem als
Personenschutz für Martin Kohlmann angefragt worden.
Nach Martin Kohlmanns eigenen Aussagen in einem aktuellen
Interview mit „Report Mainz“ war er zudem als Anwalt von
NSC-Aktivisten tätig. In den Unterlagen heißt es, Kohlmann habe in
einer Nachricht aus dem Jahr 2011 an den damaligen NSC-Vorsitzenden
geschrieben: „Das Amtsgericht Stollberg möchte uns am 7.4. um 15.30
mit einem donnernden Heil Hitler begrüßen.“ Martin Kohlmann
bezeichnet dies im Interview als „Satire“. „Das habe ich aus Spaß ihm
geschrieben. Das Amtsgericht wird Dich so begrüßen. Ein Amtsgericht
grüßt nicht so. Also sehen Sie, dass es nicht ernst gemeint war“, so
Kohlmann. Auf schriftliche Nachfragen zu seinen Kontakten zum NSC hat
Kohlmann inhaltlich nicht geantwortet.
Martin Kohlmann ist nach Recherchen von „Report Mainz“ weiterhin
in rechtsextremistischen Zusammenhängen aktiv. So trat er am 18. März
2018 in Potsdam als Redner bei der rechtsextremistischen
Veranstaltung „Tag der politischen Gefangenen“ auf. Die Veranstalter,
die sich für die Freilassung von Holocaust-Leugnern einsetzen,
bezeichnen sich auf Facebook selbst als „Nazis“. Auch auf den derzeit
von Martin Kohlmann mitorganisierten Demonstrationen in Chemnitz
nahmen zahlreiche Neonazis teil.
Michael Nattke, Rechtsextremismus-Experte im Kulturbüro Sachsen,
warnt im Interview mit „Report Mainz“ vor einer Verharmlosung von
Martin Kohlmann: „Unserer Einschätzung nach ist Martin Kohlmann kein
Rechtspopulist. Er ist ein strammer Rechtsextremist. Martin Kohlmann
hat in unterschiedlichen Reden immer wieder gesagt: –Wir brauchen
eine neue Wende, die gründlicher ist als alle politischen Wenden, die
wir bisher erlebt haben.– Das ist ein Hinweis darauf, dass er das
politische System der Bundesrepublik Deutschland überwinden möchte.“
Kerstin Köditz, Rechtsextremismus-Expertin der Fraktion Die Linke
im Sächsischen Landtag, fordert gegenüber „Report Mainz“ nun eine
Beobachtung von „Pro Chemnitz“ durch den sächsischen
Verfassungsschutz.
Zitate gegen Quellenangabe frei.
Bei Fragen wenden Sie sich bitte an „Report Mainz“, Tel. 06131 929
33351 oder -33352.
Original-Content von: SWR – Das Erste, übermittelt durch news aktuell