Nichts dazugelernt
Seinen drei Schiedsrichterkameraden hat es Babak Rafati zu
verdanken, dass er noch am Leben ist. Sie konnten dem Schiedsrichter
rechtzeitig helfen. Viele andere haben dieses Glück leider nicht
gehabt. Der Respekt vor dem Menschen Babak Rafati und die Rücksicht
auf die Intimsphäre seiner Familie gebieten es, nicht über seine
Beweggründe zu diesem Schritt zu spekulieren. Gleichwohl lohnt sich
ein Blick auf das gesamte Umfeld, in dem sich der FIFA-Schiedsrichter
bewegen muss, weil er sein Hobby mit viel Leidenschaft und Erfolg
betreibt. Damit verbunden gleich die Frage, ob wir nichts aus
ähnlichen Vorkommnissen der vergangenen Jahre gelernt haben, trotz
vollmundiger Bekenntnisse der Besserung und Einsicht.
Wenn es die Fußballgemeinde und unsere Gesellschaft zulassen, dass
in dem größten sozialen Internetnetzwerk eine Anti-Babak-Rafati-Seite
gegründet wird, auf der sich der Schiedsrichter und Bankangestellte
nach Belieben beschimpfen lassen muss, haben sie aus Robert Enkes
Freitod und anderen bekannt gewordenen Erkrankungen nichts gelernt.
„Bastard“ und „Penner“ sind gegenüber Rafati noch harmlose
Verunglimpfungen. Und die Wahl des schlechtesten Schiedsrichters ist
ebenso überflüssig. Aktuelle Bestürzung und Scham sind
anerkennenswert, beherztes Einschreiten im Sinne von „Wehret den
Anfängen“ wäre die richtige und rechtzeitige Antwort gewesen.
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