Südwest Presse: Kommentar zur Sterbehilfe

Ein Geschäft mit dem Tod, das ist klar, kann und darf
es nicht geben. Gleiches muss freilich auch für eine, wenn man so
will, von staatlicher Seite erzwungene Pflicht zum Leben gelten.
Allzu durchsichtig sind die Forderungen des niedersächsischen
Justizministers Bernd Busemann, eines Christdemokraten. Er will
verhindern, dass etwa Vereine angeblich die Kriterien gewerbsmäßiger
Tötung unterlaufen, indem sie Beiträge erheben von jenen, die
Mitglied werden, um mit Hilfe des Vereins freiwillig aus dem Leben zu
scheiden. Will der Minister Busemann das Weiterleben per Gesetz
verordnen? Die Forderung Busemanns ans Bundesjustizministerium, die
ungemein komplexe Problematik „zeitnah in einen Gesetzentwurf“ zu
gießen, zeigt, dass der Minister zu einfache Antworten gibt. Nicht
Juristen dürfen sich der Frage nach Leben oder Tod bemächtigen, sie
gehört in die Hand von Ethikern. Der Fall des Ex-Fußballprofis Timo
Konietzka ist ein treffliches Beispiel der freien Entscheidung,
seinem Leben ein Ende zu setzen, bevor körperlicher Verfall eben
diese Entscheidung verhindert. Zwar betont Ärztepräsident Frank
Montgomery die Position seines Berufsstandes, Leben erhalten zu
sollen und keine Sterbehilfe leisten zu dürfen. Aber: Meint Leben
nicht den Vollbesitz geistiger Kräfte? Was ist mit dem
Alzheimer-Kranken, der in lichten Momenten erkennt, wie sich seine
Persönlichkeit in den Löchern im Gehirn verliert? Leben in Würde muss
auch umfassen dürfen, dem Vegetieren entgehen zu wollen. Zweifellos
müssen bei der Sterbehilfe die ethischen Standards sehr hoch angelegt
werden. Erst dann darf das Thema ein Thema für die Juristen werden.

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Südwest Presse
Lothar Tolks
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