Märkische Oderzeitung: Vorabmeldung – Interview mit Helmuth Markov (Linke)

+++ Frankfurt (Oder) Brandenburgs
Finanzminister Helmuth Markov (Linke) wendet sich gegen ein
vorzeitiges Ende des Solidaritätspaktes. „Der Solidarpakt ist für
mich nicht verhandelbar“, sagte er im Gespräch mit der Märkischen
Oderzeitung. „Diese aktuelle Forderung aus Nordrhein-Westfalen kann
in die Rubrik Wahlkampfrhetorik eingeordnet werden.“ In
Ostdeutschland gebe es nach wie vor eine Infrastrukturlücke, so
Markov. „Als der aktuelle Solidarpakt verhandelt wurde, kam
Ostdeutschland nur auf rund 70 Prozent der westdeutschen
Infrastruktur. Um diese Lücke bis 2019 annähernd zu schließen,
brauchen wir verlässliche Mittel, mit denen wir planen können.“ Vier
SPD-Oberbürgermeister aus dem Ruhrgebiet hatten zuvor ein vorzeitiges
Ende des 2019 auslaufenden Solidarpaktes gefordert . +++

Herr Markov, können Sie die Verzweiflung der Kommunen im
Ruhrgebiet verstehen? Ich kann die Sorgen von Bürgermeistern
verstehen, egal ob in Ost oder West, Nord oder Süd. Aber dass es auch
anderswo arme Kommunen gibt, ist kein Gegenargument zur Tatsache,
dass Ostdeutschland noch einen generellen Nachholbedarf hat. Im
Übrigen zahlen westdeutsche Kommunen – anders als berichtet – nicht
selbst in den aktuellen Solidarpakt ein. Dieser wird vom Bund
finanziert, der auch von Ost- und Westdeutschen Solidaritätszuschlag
erhält.

Das Argument der Revier-Bürgermeister ist: Der Solidarpakt sollte
der Infrastruktur-Angleichung dienen und sei längst erfüllt. Nein, es
gibt nach wie vor eine Infrastrukturlücke. Als der aktuelle
Solidarpakt verhandelt wurde, kam Ostdeutschland nur auf rund 70
Prozent der westdeutschen Infrastruktur. Das hat das Deutsche
Institut für Wirtschaftsforschung errechnet. Um diese Lücke bis 2019
annähernd zu schließen, brauchen wir verlässliche Mittel, mit denen
wir planen können.

Welche Auswirkungen auf Brandenburg hätte es, wenn der Solidarpakt
vor 2019 gekündigt würde? Zurzeit kommt noch rund jeder zehnte Euro
im Landeshaushalt aus dem Solidarpakt. Brandenburg erhält im Rahmen
des Solidarpaktes II bis einschließlich 2019
Sonderbedarfs-Bundesergänzungszuweisungen. In diesem Jahr sind 1,04
Milliarden Euro bei einem Gesamtetat von rund zehn Milliarden Euro.
Im Jahr 2019 sind es nur noch 300 Millionen Euro. Wir müssen also
Jahr für Jahr mehr auf eigenen Beinen stehen, das ist schon eine
Kraftanstrengung. Der Solidarpakt ist für mich nicht verhandelbar.

Erleben wir gerade eine Neiddebatte? Ja, diese aktuelle Forderung
nach einem vorzeitigen Ende des Solidarpaktes kann in die Rubrik
Wahlkampfrhetorik eingeordnet werden, da dies den westdeutschen
Kommunen nicht einen Cent mehr in die Kasse spülen würde. Es ist ja
auch kein Zufall, dass diese Forderung aus Nordrhein-Westfalen genau
jetzt auftritt, da dort die Entscheidung für Neuwahlen gefallen ist.
Auch Nordrhein-Westfalen hat übrigens dem aktuellen Solidarpakt 2001
zugestimmt.

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