Die Zeiten, in denen Barack Obama seinen
republikanischen Herausforderer insgeheim leise belächelt hat, liegen
noch gar nicht so lange zurück. Noch im Frühjahr legte Mitt Romney im
unwürdigen Hahnenkampf mit den Konkurrenten aus dem eigenen Lager so
manchen Slapstick hin, der an der Eignung des 65-jährigen
Multimillionärs für das Weiße Haus zweifeln ließ. Der Prozentabstand,
den Obama zum früheren Gouverneur von Massachusetts in seriösen
Umfragen hielt, war nicht ohne Grund zweistellig. Geschichte. Die
Zweifel an Romney bleiben. Aber Obama lächelt nicht mehr. Der erste
schwarze Präsident der Vereinigten Staaten von Amerika sieht sich
fünf Monate vor dem Wahltag in einer unvorteilhaften Gemengelage, die
sein Arbeitsverhältnis mit dem amerikanischen Volk im Herbst beenden
könnte. Was den Demokraten größte Sorge macht, ist der
Dollar-Tsunami, mit dem die Romney tragenden Spendennetzwerke
ultrakonservativer Milliardäre Obama aus dem Amt spülen wollen. 2008
glänzte die Obama-Kampagne mit der effektivsten Graswurzelbewegung
aller Zeiten. Zig Millionen Amerikaner spendeten Kleinstbeträge von
fünf oder zehn Dollar und betätigten sich begeistert als Sprachrohr
für den Mann, der „Hope“ und „Change“, Hoffnung und Wandel,
versprochen hatte. Das Alleinstellungsmerkmal gibt es so nicht mehr.
Die Republikaner haben sich nicht nur die passgenaue, auf kleinste
Wählergruppen zugeschnittene Wahlkampfansprache abgeguckt. Sie haben
auch bisher mehr Geld zur Feindbekämpfung losgeeist. Rund 1,6
Milliarden Dollar, mehr als das Doppelte der Obama-Rekordmarke von
2008, wollen sie ins Unternehmen Weg-mit-ihm investieren.
Fernsehspots, die den hart gelandeten Überflieger in das denkbar
schlechteste Licht rücken werden, sind dabei das erste Mittel der
Wahl in der kommenden Schlammschlacht. Die verschwenderische
finanzielle Feuerkraft ist aber nicht alles. Je näher der 6. November
rückt, desto klarer treten die Unwägbarkeiten zutage, mit denen es
Obama zu tun hat. Wie stark schlägt die Euro-Krise auf die dümpelnde
US-Wirtschaft durch? Steigt die Arbeitslosenquote über die
wiederwahlschädliche Marke von 8,5 Prozent? Ziehen die Israelis im
Atomstreit mit dem Iran doch die militärische Karte? Bleibt Amerika
von einem Terroranschlag verschont? Kippt der Oberste Gerichtshof die
Gesundheitsreform, die 30 Millionen Bürgern zum ersten Mal eine
Krankenversicherung bringen würde? Und: Positionieren sich die
mehrheitlich konservativen Elite-Roben auch gegen die von Obama
unterstützte gleichgeschlechtliche Ehe? Faktoren, die das Verhalten
insbesondere der ständig Zulauf erfahrenden unabhängigen Wähler
beeinflussen können. Vor allem hier hat Obama einen schweren Stand,
weil er viele ehrgeizige Reformversprechen nicht in die Tat hat
umsetzen können. Wer die überzeugendste Botschaft überbringen und
seine Wählerschichten am besten dafür mobilisieren kann – der
gewinnt.
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