Neue Westfälische (Bielefeld): KOMMENTAR Wahl in Griechenland Domino-Effekt ALEXANDRA JACOBSON, BERLIN

Schwarz und Gelb ziehen nicht an einem Strang.
Selbst bei einer anscheinend so harmlosen Sache wie der Einschätzung
des griechischen Wahlausgangs fällt Union und FDP die gemeinsame
Sprachregelung schwer. FDP-Außenminister Guido Westerwelle kann sich
für Griechenlands Anpassungsprogramm eine veränderte Zeitachse
vorstellen, Angela Merkel hingegen sieht keinen Grund für eine
Änderung der Verträge. Die Bundeskanzlerin fürchtet einen
Domino-Effekt: Wer die Kreditbedingungen für Hellas noch einmal
aufdröseln und lockern will, bekommt vermutlich Schwierigkeiten mit
Irland und Portugal, die sich bisher eng an alle Verabredungen mit
den Kreditgebern gehalten haben. Außerdem schmeckt es Merkel ganz und
gar nicht, dass neue Regierungen meinen, einmal geschlossene Verträge
nicht mehr respektieren zu müssen. Das wirft die Kanzlerin ja auch
dem französischen Staatspräsidenten François Hollande vor, der
zumindest zeitweise so tat, als fühle er sich an den Fiskalpakt nicht
gebunden. Doch was immer die Kanzlerin und der Außenminister meinen
und tun: Der griechische Regierungschef in spe, Antonis Samaras, wird
natürlich alles daran setzen, die Bedingungen für sein Land neu
auszuhandeln. Sicher scheint jetzt schon zu sein, dass Griechenland
mit einem kräftigen Wachstumsprogramm aus Brüssel rechnen darf. Da
scheinen alle maßgeblichen Politiker in der EU und auch in Berlin in
der Tat an einem Strang zu ziehen. Griechenland braucht dringend
stärkeres wirtschaftliches Wachstum. Letztlich bedeutet das eine
verbesserte Wettbewerbsfähigkeit der eigenen Wirtschaft. Anstoß und
Hilfe können und müssen von außen kommen. Wesentlich bleibt aber der
politische Wille Athens. Der Schlüssel für eine gute Zukunft liegt im
Land und weder in Berlin noch in Brüssel.

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