Zehntausende Pflegefachkräfte fehlen und die Arbeitsagentur streitet mit den Ländern / bpa zum Streit über die Zustimmung zum ausgehandelten Ausbildungs- und Qualifizierungspakt für die Altenpflege

Das Vorstandsmitglied der Bundesagentur für Arbeit,
Raimund Becker, hat in der heutigen Ausgabe der Frankfurter
Allgemeinen Zeitung den Bundesländern Untätigkeit bei Umschulungen
von Pflegekräften vorgeworfen. Bernd Meurer, Präsident des
Bundesverbands privater Anbieter sozialer Dienste (bpa) bezieht
Stellung, denn zehntausende Pflegefachkräfte fehlen und der dringend
notwendige Ausbildungs- und Qualifizierungspakt lässt auf sich
warten, obwohl er längst verhandelt ist.

„Der Fachkräftemangel in der Pflege ist evident. In einigen
Bundesländern kommen auf eine arbeitslose Altenpflegefachkraft über
vier offene Stellen. Immer wieder hat der bpa Lösungen für diesen
Fachkräftemangel angemahnt. Mittlerweile sind weit über 30.000
Stellen unbesetzt. Konkrete Maßnahmen sind lange überfällig“,
kommentiert bpa-Präsident Bernd Meurer. Bereits im Herbst letzten
Jahres hatten sich vier Bundesministerien – unter der Federführung
des Familienministeriums – mit allen relevanten Gruppen
zusammengesetzt, um eine Ausbildungs- und Qualifizierungsoffensive
für die Altenpflege mit ganz konkreten Maßnahmen auf den Weg zu
bringen.

Seit langem sollen die Ergebnisse, an denen neben dem bpa und der
Wohlfahrt auch die Bundesländer und die Bundesagentur für Arbeit
beteiligt sind, der Öffentlichkeit vorgestellt werden. „Mit großer
Verwunderung nehmen wir zur Kenntnis, dass diese Offensive für die
Altenpflege immer noch nicht verkündet wurde. Dass es nun eine
öffentliche Auseinandersetzung um die jeweiligen
Verantwortungsbereiche gibt, irritiert, denn beispielsweise die
Finanzierung des dritten Umschuljahres galt dort als essenziell und
konsentiert“, so Meurer. „Jeden Tag wächst der Handlungsdruck: Wir
brauchen mehr Altenpflegekräfte und daher unverzüglich das bereits
verabredete Maßnahmenpaket, denn die Zahl der Pflegebedürftigen, die
es zu versorgen gilt, wächst täglich. Was wir nicht brauchen, sind
Schuldzuweisungen und Kompetenzstreitereien“, ergänzt der
bpa-Präsident.

Konkret hat Raimund Becker den Bundesländern vorgeworfen, sich bei
der Umschulung von Arbeitslosen zu Pflegekräften nicht ausreichend
finanziell zu engagieren. Er bemängelt zu wenige Schulplätze für
Umschüler und Quereinsteiger sowie die fehlende Anrechnung von
Berufserfahrung. Die Verantwortung für ausreichende Plätze in den
Altenpflegeschulen liegt bei den Ländern. Einige von ihnen erheben
Schulgeld für Altenpflegeschüler, was ebenfalls durch den Pakt der
Ver-gangenheit angehören soll.

Der bpa sieht neben den Ländern auch die Bundesagentur für Arbeit
in der Verantwortung. „Warum zeigt die Bundesagentur jetzt mit dem
Finger auf die Länder? Ist das als Hinweis darauf zu verstehen, dass
sie aus der Finanzierung der Zusage zum dritten Umschulungsjahr für
examinierte Altenpfleger aussteigen möchte?“, fragt bpa-Präsident
Bernd Meurer.

Der bpa weist darauf hin, dass nach den neuesten Zahlen der
Bundesagentur für Arbeit die Fachkräftesituation in der Altenpflege
weiterhin dramatisch ist. So gab es im Juni 2012 bundesweit nur noch
3.088 arbeitslose Altenpfleger, was im Vergleich mit den Zahlen vom
Vorjahr einem Rückgang von acht Prozent entspricht. Gleichzeitig ist
die Zahl der gemeldeten Stellen für Altenpfleger um rund fünf Prozent
auf 10.106 angestiegen. Jedem arbeitslosen Altenpfleger stehen
durchschnittlich damit mehr als drei offene Stellen gegenüber, wobei
die Situation in einigen Bundesländern noch drastischer ist. Die
Träger der Pflegeeinrichtungen haben darauf schon seit langem
reagiert und u. a. die Ausbildungszahlen deutlich erhöht. Aktuell
befinden sich rund 52.000 Menschen in der Ausbildung zur Altenpflege.
Das ist ein Spitzenwert, wie das zuständige Bundesfamilienministerium
bestätigt.

„Der bpa appelliert an die Bundesagentur für Arbeit und die
Bundesländer, sich ihrer Verantwortung für die Altenpflegeausbildung
zu stellen. Dazu gehört auch die Übernahme der gesamten Kosten für
die drei Jahre Umschulung. Wir brauchen schnellstmöglich den
Altenpflege-Pakt. Und dazu gehört übrigens auch die Erleichterung der
Zuwanderung. Für alles andere haben wir einfach keine Zeit mehr“, so
Bernd Meurer.

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Bernd Tews, Geschäftsführer, Tel.: (030) 30 87 88 60.