Weser-Kurier: Zur Blasphemie-Debatte schreibt der „Weser-Kurier“ in seiner Ausgabe vom 6. August 2012:

Es ist schon erstaunlich, mit wie wenig Tiefgang
zuweilen politische Debatten geführt werden. Da tut der Bamberger
Erzbischof Ludwig Schick so, als könnten in Deutschland Religionen
und religiöse Überzeugungen nach Belieben verunglimpft werden. Und
Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) fordert in reflexartiger
Verbundenheit ein „konsequentes Einschreiten“ des Rechtsstaats. Beide
wissen sehr wohl, dass das Beschimpfen religiöser Symbole und das
Verächtlichmachen des Glaubens nach dem Strafgesetz schon immer
verboten sind. Erst unlängst wurde beispielsweise ein Mann
verurteilt, der es für erforderlich gehalten hatte, Koran-Texte auf
Toilettenpapier zu drucken und dieses zu verschicken. Eine
unabhängige Justiz hat in Deutschland darüber zu entscheiden, ob und
wann jemand nach dem „Gotteslästerungsparagraphen“ verurteilt wird.
Es versteht sich in einer liberalen Demokratie von selbst, dass diese
Grenzen nicht zu eng gezogen werden dürfen. Wenn Bischof Schick eine
Bestrafung für das „Verspotten religiöser Werte und Gefühle“
verlangt, kann dies eigentlich nur eine Kritik an der Justiz sein. Ob
es der katholischen Kirche gut tut, dieses Thema zu forcieren, muss
vor dem Hintergrund ihrer langen unseligen Geschichte der Inquisition
bezweifelt werden. Und wenn die CSU sich umgehend zum politischen Arm
solcher Forderungen macht, dann mag sie in den ländlichen Regionen
des Freistaats den einen oder anderen Wähler bei der Stange halten,
in den Städten jedoch gewinnt sie damit weder einen Blumentopf noch
einen Wähler.

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