„DER STANDARD“-Kommentar: „Die Vertuscher bleibenübrig“ von Gerald John

Damit hat die Koalition der Unwilligen nicht
gerechnet. Mit freundlicher Unterstützung von FPÖ und BZÖ haben SPÖ
und ÖVP die Vorsitzende Gabriela Moser als Alleinschuldige an der
Blockade des U-Ausschusses vernadert. Doch dann tut die Grüne etwas,
das in der Sesselkleberrepublik völlig unüblich ist: Sie tritt ab.
Das vermeintliche Scheitern ist ein geschickter Schachzug der Grünen.
Die Regierungsparteien können die böse Moser nun nicht mehr als
Vorwand nehmen, den Ausschuss trotz voller Agenda vorzeitig
abzudrehen.

Die einsilbigen bis unbeholfenen Reaktionen legen nahe, dass bis
zum grünen Manöver genau das geplant war. Plan B gab es offenbar
keinen. Über einen „taktischen Rückzug“, der auf größtmögliche
mediale Resonanz abziele, moserte etwa ÖVP-Mandatar Werner Amon –
schon eine Frechheit, wenn sich Oppositionelle nicht ans Drehbuch der
Regierung halten! So sieht koalitionäre Imagepflege aus: Im Vergleich
zu Amon klangen die blauen und orangen Vertreter, die Moser Respekt
zollten, wie supersaubere Aufklärer.

Mosers Einlenken sollte dem U-Ausschuss zumindest eine Gnadenfrist
bescheren – alles andere würde die letzte Glaubwürdigkeit der
Koalition zertrümmern. Machen SPÖ und ÖVP dennoch Schluss, dürfen
sich nicht nur die Grünen die Hände reiben: Ein großer Teil der
Skandale geht aufs Konto blauer und oranger (Ex-)Politiker, doch als
oberste Vertuscher blieben Rote und Schwarze übrig.

Rückfragehinweis:
Der Standard, Tel.: (01) 531 70/445

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