Ärzteatlas 2011: Kein Mangel an Ärzten, sondern ungleiche regionale Verteilung

In Deutschland gibt es nicht zu wenig Ärzte,
sondern eher zu viele. Doch diese sind ungleich verteilt:
Überversorgten Gebieten in Ballungszentren wie München stehen
unterversorgte Regionen im ländlichen Raum gegenüber. Das trifft auch
für den vieldiskutierten hausärztlichen Bereich zu. Wie es um die
vertragsärztliche Versorgung in Deutschland genau bestellt ist,
dokumentiert der soeben erschienene Ärzteatlas 2011 des
Wissenschaftlichen Instituts der AOK (WIdO).

Die Entwicklung der Arztdichte in Deutschland zeigt, dass es heute
über ein Drittel mehr berufstätige Ärzte als Anfang der 90er Jahre
gibt. Mit 397 Ärzten je 100.000 Einwohner ist 2010 ein neuer
Höchststand bei der Arztdichte erreicht worden; bundesweit wurden
30,8 Prozent mehr Mediziner gezählt als noch im Jahr 1991 mit 304
Ärzten je 100.000 Einwohner. Seit Mitte der 70er Jahre hat sich die
Arztdichte in Deutschland sogar mehr als verdoppelt, und sie steigt
jedes Jahr weiter an.

Laut der Bedarfsplanung für niedergelassene Ärzte mit Stand 2010
herrscht derzeit insgesamt kein Mangel, sondern eher das Gegenteil
ist der Fall: Über alle Arztgruppen hinweg wird die Zahl der
festgelegten Arztniederlassungen bundesweit um 26 Prozent
übertroffen. Bei den Fachärzten ist die Überversorgung besonders
stark ausgeprägt: Mit Internisten und Chirurgen sind sämtliche
Planungskreise überversorgt, bei Orthopäden sind es 98 Prozent, bei
Gynäkologen 95 Prozent, bei Hautärzten 92 Prozent und bei Augenärzten
86 Prozent.

Und: Seit 2006 hat die Zahl der überversorgten Städte und Kreise
bei fast sämtlichen 14 Arztgruppen, die in der Bedarfsplanung
berücksichtigt werden, zugenommen. Diese Zahlen sprechen eine
deutliche Sprache.

Selbst im vieldiskutierten hausärztlichen Bereich liegen
bundesweit 312 der insgesamt 395 Planungsbereiche über dem Soll
(Versorgungsgrad über 100 Prozent); 182 Planungsbereiche sind sogar
überversorgt (Versorgungsgrad größer als 110 Prozent). Allerdings
zeigen sich gerade bei den Hausärzten enorme regionale Unterschiede:
Einer Unterversorgung bzw. drohenden Unterversorgung in einigen
Landstrichen steht eine massive Überversorgung insbesondere in
Ballungsgebieten und den für Ärzte attraktiven Regionen gegenüber.
Die bundesweit höchste Versorgungsdichte findet sich in Starnberg
(148 Prozent), Freiburg/Breisgau (141 Prozent) und in München (130
Prozent). In 19 Kreisen und Städten liegt der Versorgungsgrad
zwischen 75 und 90 Prozent. Diese Gegenden sind damit von einer
Unterversorgung bedroht. Jeweils acht der betroffenen
Planungsbereiche liegen in Niedersachsen und in Sachsen-Anhalt. Dort
befindet sich auch die einzige aktuell unterversorgte Region
(Saalkreis, 65 Prozent). In Baden-Württemberg, Berlin, Hamburg,
Hessen, Nordrhein und dem Saarland liegen die Hausarztzahlen
durchgängig über dem Soll.

Unter den Hausärzten, insbesondere in den neuen Bundesländern,
gibt es eine relativ große Zahl an älteren Ärzten, die vermutlich auf
absehbare Zeit Praxisnachfolger suchen werden oder dies bereits tun.
Zwar muss nicht in allen Regionen, insbesondere in den überversorgten
Städten und Kreisen, jeder frei werdende Arztsitz auch wieder besetzt
werden. Kritisch stellt sich die Lage allerdings in den Regionen dar,
in denen ungünstige Faktoren kumulieren: Niedriger ärztlicher
Versorgungsgrad, hoher Altersanteil bei den Ärzten und
Schwierigkeiten mit der Wiederbesetzung (aufgrund regionaler
Gegebenheiten). Die Versorgungssituation in diesen Regionen muss
genau beobachtet werden; hier gilt es Anreize zu schaffen, um frei
werdende Arztpraxen wieder zu besetzen.

Auch wenn der Demografiefaktor, der nach Beschluss des Gemeinsamen
Bundesausschusses im Laufe des Jahres eingeführt wird, zum Tragen
kommt, ändert sich grundsätzlich nichts an der Tatsache, dass die
ärztliche Versorgung in Deutschland durch erhebliche
Verteilungsprobleme gekennzeichnet ist und nicht durch einen
generellen Mangel an Ärzten.

Alle Maßnahmen, die eine flächendeckende Versorgung der
Bevölkerung sicherstellen wollen, müssen deshalb unbedingt sowohl die
Unter- als auch die Überversorgung in den Blick nehmen.

Mit dem Ärzteatlas 2011 legen die Experten des WIdO, Joachim Klose
und Isabel Rehbein, das regionale Versorgungsangebot der
Vertragsärzte umfassend offen und leisten damit einen wichtigen
Beitrag, um solche gezielten Maßnahmen entwickeln zu können. Für die
14 größten Arztgruppen werden aktuelle regionale Versorgungsgrade in
den insgesamt 395 Planungsbereichen Deutschlands kartografisch
ausgewiesen und so auch das Ausmaß an Über- und Unterversorgung
differenziert dargestellt.

Angaben zur WIdO-Publikation:

Joachim Klose, Isabel Rehbein (Hrsg.): Ärzteatlas 2011 – Daten zur
Versorgungsdichte von Vertragsärzten, Wissenschaftliches Institut der
AOK (WIdO), Berlin 2011.

Hinweis an die Redaktionen:

Download der WIdO-Publikation unter:
www.wido.de/aerztealtas2011.html

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