Allg. Zeitung Mainz: Jämmerlich – Kommentar zur Bundespolizei

Hans-Peter Friedrich wollte gar nicht
Bundesinnenminister werden. Er musste, aus Gründen des
Parteienproporzes und der CSU-Räson. Zwar kann man ihm nicht
vorwerfen, er agiere lustlos oder gar widerwillig. Im Gegenteil:
Bisweilen gibt er den Law-and-Order-Mann und fordert Dinge, die sogar
richtig sind, etwa die Vorratsdatenspeicherung. Insgesamt aber ist
der fachliche wie menschliche Eindruck, den seine Amtsführung
hinterlässt: schwach, Tendenz chaotisch. Es ist gerade mal zwei
Wochen her, da tobte eine künstliche Debatte um die Pensionierung des
BKA-Präsidenten Ziercke. Der Bundesinnenminister ließ Ziercke
kaltlächelnd im Regen stehen. Nun feuert Friedrich en bloc die Spitze
der Bundespolizei – die das aus den Medien erfährt. Nachdem die
Gewerkschaft scharf schießt und die Aktion „schäbig und menschlich
unanständig“ nennt, wird der machtbewusste Minister plötzlich
kleinlaut und lässt aufzählen, was er denn schon alles für seine
Bundespolizei getan habe. Der Eindruck:absolut unsouverän, Tendenz
jämmerlich. Nein, es gibt nicht die geringsten Anzeichen dafür, dass
Hans-Peter Friedrich der kompetente und geachtete Innenminister wäre,
den das Land für dringend notwendige Neustrukturierungen in der
Sicherheitsarchitektur braucht. Ob eine Zusammenlegung von BKA und
Bundespolizei sinnvoll wäre, ist unter Experten mehr als umstritten.
Friedrich scheint sie anzustreben. Absolut unstreitig ist dagegen,
dass beim Verfassungsschutz, der sich bei der Verfolgung, besser
gesagt: Nicht-Verfolgung der rechtsterroristischen NSU
bedauerlicherweise als Augiasstall präsentierte, mit eisernem Besen
gekehrt werden muss. Eine große Aufgabe. Viel zu groß für Hans-Peter
Friedrich.

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