Badische Neueste Nachrichten: Kuhhandel

eim Geld hört die Freundschaft bekanntlich auf:
Diese Volks-Weisheit gilt im politischen Europa wie im Alltags-Leben.
Das zeigt der erbitterte Streit ums Brüsseler Budget überdeutlich.
Das Gezerre ist kein Glanzlicht für die EU-Gemeinschaft. Nur mit
Hängen und Würgen einigten sich die Staats- und Regierungschefs nach
Marathonverhandlungen überhaupt auf ein EU-Finanz-Tableau für die
Jahre 2014 bis 2020. Herausgekommen ist ein typisch europäischer
Kuhhandel voller Rechentricks und Interpretationsspielräume – nur
damit Geberstaaten wie Nehmerländer das Ergebnis daheim gleichermaßen
als Sieg verkaufen können. Die Nettozahler um Großbritannien und
Deutschland stutzten die Billionen-Wünsche der EU-Kommission zurecht.
Ihr Argument: In Krisenzeiten, wo national der Rotstift regiert, muss
auch Brüssel den Gürtel enger schnallen. Basta. Die Empfängerländer
aus Süd- und Osteuropa konnten allzu dramatische Subventionsverluste
verhindern. Frankreich verteidigte tapfer die Pfründe seiner Bauern.
Das Ergebnis: die Töpfe für Landwirtschaft und strukturschwache
Regionen bleiben mit Abstand die größten Etatposten. Die
Besitzstandswahrer setzten sich durch und verhinderten eine
überfällige Modernisierung der Ausgaben. Die Investitionen in
nachhaltige Wettbewerbsfähigkeit, in Bildung, Forschung und
Entwicklung fallen niedriger als nötig aus. Zynisch ausgedrückt: Die
Gemeinschaft will mit einem Subventions-Budget der Vergangenheit ihre
Zukunftsfähigkeit sichern. Europa soll mit weniger Geld mehr Aufgaben
erfüllen – bei gleichen politischen Prioritäten. Das funktioniert
nicht. Die Gemeinschaft müsste ihr Geld dringend anders und besser
ausgeben. Doch dieser Budget-Gipfel zeigt: größere Strukturreformen
und Umschichtungen sind nahezu unmöglich, weil Europa über den
Haushaltsrahmen einstimmig entscheiden muss. Dieser Zwang zum Konsens
der 27 EU-Staaten macht die Gemeinschaft modernisierungsunfähig.

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Klaus Gaßner
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