Es mag ein verbaler Ausrutscher gewesen sein,
eine so unsinnige Bemerkung, dass sie Todd Akin mehr beißenden Spott
einträgt als wütende Proteste. Dass der weibliche Körper im Falle
„legitimer“ Vergewaltigungen eine Schwangerschaft zu verhindern wisse
– der Unsinn dürfte den Comedy-Shows noch auf lange Zeit schönsten
Stoff liefern. Übersehen wird dabei gern, dass Akin in seiner Partei
nicht allein auf weiter Flur steht, auch wenn andere behutsamer sind
in ihrer Wortwahl. Mit Blick auf ihren Nominierungskongress in Tampa
lassen die republikanischen Granden gerade ein Papier zirkulieren,
wonach das Abtreibungsverbot in die amerikanische Verfassung
aufgenommen werden soll. Wohlgemerkt, ein Abtreibungsverbot, das
keinerlei Ausnahmen kennt, auch nicht, wenn eine Schwangerschaft auf
Vergewaltigung beruht. Sicher, einem Mitt Romney passt das alles so
wenig ins Konzept wie einem Titelaspiranten ein Eigentor kurz nach
dem Anpfiff. Dem kühlen Zahlenmenschen wäre es am liebsten, würde es
im Wahlkampf überhaupt keine Abtreibungsdebatte geben. Nichts soll
vom Hauptthema ablenken, der schwierigen Wirtschaftslage, einem Feld,
auf dem der Managertyp Romney gegen Barack Obama zu punkten gedenkt.
Und nun kommt ein Hinterwäldler aus Missouri daher und durchkreuzt
die schönen Pläne. Akin hat die Amerikaner wieder daran erinnert, wer
sich alles so tummelt unter dem Dach der Grand Old Party. Er hat
unfreiwillig einen Kulturkrieg entfacht, eine Gesellschaftsdebatte,
bei der die Konservativen schlicht auf verlorenem Posten stehen. In
Wahrheit geht es nicht nur um eine verbale Entgleisung, sondern um
alte Machtkämpfe in den Reihen der Republikaner, einer Koalition, die
grob skizziert drei Flügel vereint: Unternehmer, religiöse Aktivisten
und Sicherheitspolitiker, für die militärische Stärke obenan steht.
Romney, der Favorit des Wirtschaftsflügels, fremdelt mit dem
religiösen Milieu – und muss dennoch an Kompromissen basteln.
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