Tatort S-Bahnhof Ahrensfelde: Zwei Männer werden
brutal geschlagen. Tatort S-Bahnhof Wuhlheide: Graffiti-Sprayer
greifen einen Fahrgast an, treten ihn, besprühen ihn mit Farbe.
Tatort S-Bahnhof Olympiastadion: Ein Fußballfan wird geschlagen, dann
mit seinem eigenen Fan-Schal fast erwürgt. Der Blick in die
Polizeimeldungen der vergangenen Woche offenbart gleich eine Reihe
von Beispielen für die mangelnde Sicherheit bei der Berliner S-Bahn:
In allen genannten Fällen konnten die Täter unerkannt entkommen. Die
Vorfälle haben zu Recht die Diskussion über den Ausbau der
Videoüberwachung im Nahverkehr entfacht. Verkehrssenator Michael
Müller (SPD) und Innensenator Frank Henkel (CDU) fordern, die S-Bahn
müsse in Sachen Sicherheit endlich den Standard etablieren, der bei
der U-Bahn die Regel ist: Videokameras allerorten. Die landeseigenen
Berliner Verkehrsbetriebe (BVG) haben in fast allen Zügen und an
allen Bahnhöfen Überwachungstechnik. Bei der S-Bahn, deren Betreiber
die Deutsche Bahn AG ist, wird nur in wenigen großen Bahnhöfen zu
Sicherheitszwecken gefilmt. Der Ausbau hakt hier an zwei Punkten, die
längst abgeräumt sein müssten. Es gibt bereits Kameras an einigen
S-Bahnsteigen. Sie sollen den Fahrern bei der Zugabfertigung helfen.
Ihre Aufnahmen werden aber nicht gespeichert, können also bei
Vorfällen nicht von der Polizei ausgewertet werden. S-Bahn-Chef Peter
Buchner sagt, die Technik auch für Sicherheitszwecke zu nutzen
scheitere am Nein des Betriebsrats. Der fürchtet, die Kameras könnten
auch zur Überwachung der Mitarbeiter eingesetzt werden. Dass an
diesem dünnen Argument die Sicherheit von Millionen Fahrgästen hängen
soll, ist nicht nachvollziehbar. Das Problem ließe sich etwa mit
einer Betriebsvereinbarung schnell aus der Welt schaffen: Nur die
Polizei darf das Material auswerten, das Unternehmen nicht. Fertig.
Zudem sagt die BVG, ihre Angestellten würden die Kameratechnik
schätzen, seien sie doch selbst oft Opfer von Attacken. Doch auch
wenn die S-Bahn die Kameras zur Zugabfertigung künftig auch zur
Überwachung einsetzen kann, ist das Thema nicht zu Ende. Denn dann
wird nur die Bahnsteigkante gefilmt, Bahnhof und Züge selbst nicht.
Wer hier aufrüsten will, muss Geld in die Hand nehmen. Und da muss
der Senat seinen Forderungen Verhandlungen mit der DB AG als
Betreiber der S-Bahn und damit Auftragnehmer des Landes folgen
lassen. SPD und CDU haben im Koalitionsvertrag vereinbart, auf das
Unternehmen in Sachen Sicherheit einzuwirken. Da müssen jetzt
Ergebnisse kommen. Um wirklich nachhaltig für Sicherheit im
Nahverkehr zu sorgen, muss aber noch mehr investiert werden.
Videoüberwachung ist kein Allheilmittel. Gerade der Fall des
Hertha-Fans zeigt, wie die Technik versagen kann. Denn der S-Bahnhof
Olympiastadion wird überwacht, auf den Bildern ist aber wegen
Überfüllung des Bahnsteigs offenbar nichts zu erkennen. Videokameras
können immer nur Teil eines Sicherheitskonzepts sein. Dazu muss immer
auch gut ausgebildetes, sichtbares und ansprechbares Personal vor Ort
gehören.
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