Wir brauchen mehr Frauen in Führungspositionen.
Dieses Ziel ist in der Politik, aber auch in den Unternehmen, nicht
umstritten. Kein Unternehmen kann es sich leisten, Frauen links
liegen zu lassen, als Kundinnen nicht, als Mitarbeiterinnen nicht und
auch als Führungskräfte nicht. Im Gegenteil: Angesichts des
demografischen Wandels und des Fachkräftemangels sind die Unternehmen
zunehmend auf die gut ausgebildeten Frauen angewiesen, auch in den
Chefetagen. Umstritten ist dagegen der Weg zum Ziel, und das nicht
nur zwischen Regierung und Wirtschaft, sondern auch in der Regierung
selbst. Während Arbeitsministerin Ursula von der Leyen immer wieder
auf eine gesetzliche Quote pocht, plädiert die junge
Familienministerin Kristina Schröder für freiwillige
Selbstverpflichtungen der Konzerne. Sie ist damit zu einer
Hoffnungsträgerin der Wirtschaft geworden. Denn eine starre,
gesetzliche Frauenquote à la von der Leyen ist den Unternehmen ein
Graus. Viele suchen schon jetzt händeringend weibliche
Führungskräfte. Auch ein Gesetz, das sie zwingt, mehr Frauen in
Führungspositionen zu beschäftigen, wird die Zahl – und Qualität –
der Bewerberinnen nicht erhöhen. Nicht alle Unternehmen und nicht
alle Branchen können über denselben Leisten geschlagen werden. In der
Metallindustrie zum Beispiel, dem Rückgrat der deutschen Wirtschaft,
liegt der Frauenanteil insgesamt nur bei 20 Prozent. Wie soll
angesichts dieser dünnen Basis jemals realistisch eine Quote von 30
Prozent bei Führungskräften erfüllt werden, zumal viele Frauen nur
Teilzeit arbeiten wollen? Man braucht nicht viel Fantasie zu
entwickeln, um sich vorzustellen, wie die großen Konzerne mit einer
staatlich verordneten Frauenquote umgehen würden. Es dürften wohl
eine ganze Anzahl neuer Vorstandspöstchen geschaffen werden, um die
Quote offiziell zu erfüllen. Und auch ein Bußgeld von 25.000 Euro
kann ein börsennotierter Großkonzern leicht wegstecken. Schwerer
wiegt der Imageschaden. Kein modernes Unternehmen will in der
Öffentlichkeit als „frauenfeindlich“ oder, wie es Ministerin von der
Leyen formuliert, als „Ewiggestrige“ dastehen. Schon die Debatte über
eine gesetzliche Frauenquote, sei es auf nationaler oder europäischer
Ebene, hat die Konzerne in Sachen Frauenförderung aktiv werden
lassen. Doch die Gründe, warum so wenige Frauen in die Führungsetagen
vordringen, sind vielfältig. Dabei spielt auch die Vereinbarkeit von
Familie und Beruf eine entscheidende Rolle. Wer für mehr Frauen in
Führungspositionen sorgen will, müsste zuallererst Teilzeit auch in
der Chefetage möglich machen. Nur so können Kind und Karriere unter
einen Hut gebracht werden. Für 60 Prozent der jungen Frauen ist es
das Ideal, Kinder zu haben und einen Teilzeitjob. Solange aber in den
Chefetagen das Idealbild des immer erreichbaren Managers hochgehalten
wird, der morgens als Erster kommt und abends als Letzter geht,
werden viele junge Frauen mit Kindern (und zunehmend auch viele junge
Väter) abwinken und sagen: So einen Job tue ich mir nicht an. Hier
ist ein Kulturwandel nötig, der nicht in wenigen Jahren mit einer
Quote herbeigezwungen werden kann.
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