Es sind beunruhigende Nachrichten, die in den
vergangenen Tagen aus den Senatsverwaltungen für Inneres und Justiz
drangen. In beiden Behörden ist ein umfangreicher Personalabbau
geplant. 780Planstellen sollen in der Justiz wegfallen, fast ebenso
viele bei der Polizei. Der Senat will die Zahl der Beschäftigten in
der Berliner Verwaltung auf 100.000 Beamte und Angestellte begrenzen,
nach diesen Vorgaben sind noch 6000 Mitarbeiter zu viel an Bord.
Diese Zahl ist nicht neu, neu sind aber die Details.
Sparen bei der Sicherheit? Kann man auf mehrere Hundert
Objektschützer verzichten, wo doch die Sicherheitsanforderungen etwa
beim Schutz von Botschaftsgebäuden und jüdischen Einrichtungen nicht
geringer werden? Ganz abgesehen von dem gewaltigen Berg an
Überstunden, den die Objektschützer ohnehin schon vor sich her
schieben, weil das Personal bei Weitem nicht reicht. Sind solch
massive Einsparungen vertretbar, wo doch die rot-schwarze
Landesregierung mit dem Ziel angetreten ist, Berlins Straßen und
Plätze, Bahnhöfe und Züge wieder sicherer zu machen?
Bei der Justiz muss man ähnliche Fragen stellen. Macht es Sinn,
Richter und Staatsanwälte bei den Einsparungsrunden zu schonen, sie
aber gleichzeitig zu Büroarbeiten zu verpflichten, weil die
Geschäftsstellen der Justiz personell ausgedünnt werden? Wollte nicht
der Senat die Strafverfolgung verbessern, zum Beispiel bei
Intensivtätern und vor allem bei Jugendlichen, die in die
Kriminalität abzugleiten drohen?
Sicher, die Aufgabe, vor der der Senat steht, gleicht der
Quadratur des Kreises. Es muss weiter gespart werden, und doch soll
das Leben der Berliner möglichst nicht darunter leiden. Es sollen
ausreichend Polizisten für unsere Sicherheit sorgen, es sollen
genügend gute, motivierte Lehrer für unsere Kinder da sein, und wir
wollen auch nicht täglich unsere Autos auf Schlaglochpisten
ruinieren.
Dennoch sollte in der Landesregierung und der öffentlichen
Verwaltung so viel Sachverstand konzentriert sein, dass diese Aufgabe
bei aller Geldknappheit zu lösen sein muss. Wir erinnern uns: Zur
Wendezeit zählte Berlins öffentlicher Dienst – Ost und West – rund
300.000 Mitarbeiter. Heute ist nur noch rund ein Drittel davon übrig
geblieben. Und wenn auch vieles in unseren Behörden nicht
funktioniert: Das Chaos ist nicht aus- und das Gemeinwesen nicht
zusammengebrochen. Hätte jemand vor 20 Jahren prognostiziert, wo die
Reise hingeht – man hätte ihn wahrscheinlich einen Spinner genannt.
Die Aufgaben, die bei den jetzt anstehenden Haushaltsberatungen
des Parlaments bewältigt werden müssen, sind immens. Aber sie sind zu
schultern – wenn die Mitglieder des Senats, die Koalitionsfraktionen
und die Spitzen der Verwaltung zu einer ehrlichen,
ressortübergreifenden Analyse bereit sind. Und wenn sie bereit sind,
auch starken Interessengruppen gegenüber unbequeme Wahrheiten zu
verkünden und durchzusetzen. Sparen nach dem Gießkannenprinzip ist
nicht sonderlich intelligent. Und Sparen mit Rücksicht auf
Ressortegoismus und Parteistrukturen oder gar mit dem Schielen auf
den nächsten Wahltag ist fahrlässig bis gefährlich. Die
Landesregierung steht vor großen Hürden – und zugleich vor der großen
Chance, es endlich einmal besser zu machen.
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