BERLINER MORGENPOST: Platzeck, der Populist Christine Richterüber Brandenburgs Ministerpräsidenten, den BER und das Nachtflugverbot

Die Überraschung ist Matthias Platzeck,
brandenburgischer Ministerpräsident und seit Kurzem
Aufsichtsratsvorsitzender der Flughafengesellschaft in Berlin und
Brandenburg, gelungen: Am Dienstag verkündete der SPD-Politiker, dass
das Land Brandenburg das Volksbegehren für ein ausgedehntes
Nachtflugverbot am künftigen Hauptstadtflughafen BER annehmen werde.
Im Klartext: Platzeck ist dafür, dass in der Zeit von 22 bis sechs
Uhr keine Flugzeuge am BER abheben oder landen. Was für eine
Kehrtwende.

Bislang war die Linie von Berlin, Brandenburg und der
Bundesregierung eindeutig: Der neue Airport in Schönefeld, der ein
internationales Drehkreuz werden soll, muss möglichst lange geöffnet
sein, um attraktiv für Fluggesellschaften zu werden, die in alle Welt
fliegen. Nur wenn die Flugzeuge, die beispielsweise aus Asien kommen,
nachts noch in Schönefeld landen können, nutzen die Airlines Berlin
auch als sogenannten Hub. Und nur dann, so betonten die
Gesellschafter immer wieder, rechne sich der BER, nur dann könne er
Geld verdienen. Das auf die Zeit von null bis fünf Uhr beschränkte
Nachtflugverbot war darüber hinaus Bestandteil des
Planfeststellungsbeschlusses für den BER. Und es wurde erst im
Oktober vergangenen Jahres vom Bundesverwaltungsgericht in Leipzig,
also der letzten gerichtlichen Instanz, bestätigt.

Sicherlich, das Volksbegehren für ein längeres Nachtflugverbot war
in Brandenburg erfolgreich. Menschen, die in der Nähe eines großen
Flughafens wohnen, leiden unter dem Lärm. Doch für sie sollen die
Lärmschutzmaßnahmen deutlich erhöht werden – beispielsweise durch
bessere Fenster. Wenn Platzeck jetzt also für die rot-rote
Landesregierung erklärt, man unterstütze das Volksbegehren, so liegt
der Verdacht nahe, dass es ihm nicht um den BER, sondern um sich
selbst geht. Zum einen ist da sein Koalitionspartner, die
Linkspartei, die den BER sowieso nicht mag. Anfang des Jahres, als
die Eröffnung des Airports zum wiederholten Mal verschoben werden
musste und Berlins Regierender Bürgermeister zugunsten von Platzeck
den Aufsichtsratsvorsitz der Flughafengesellschaft abgab, machte die
Linke mächtig Druck auf Platzeck. Er stellte damals die
Vertrauensfrage im Landtag, um sich die Entscheidung für den
BER-Aufsichtsratsvorsitz absichern zu lassen. Auch die Linke
unterstützte ihn uneingeschränkt. Weil sie wusste, dass Platzeck beim
Nachtflugverbot ihre Linie übernehmen würde? Bewiesen ist das nicht,
aber der Verdacht drängt sich jetzt geradezu auf.

Damit nicht genug: Im Herbst 2014 wird ein neuer brandenburgischer
Landtag gewählt. Auch die Brandenburger ärgern sich über das
BER-Debakel, über die steigenden Kosten. Und viele von ihnen sind
erbost über die geplanten Flugrouten, über die vielen Probleme beim
Einbau der Lärmschutzfenster. An diese Menschen, nicht an den Erfolg
des BER denkt Platzeck, wenn er sich jetzt für eine Nachtruhe in
Schönefeld bis sechs Uhr früh ausspricht.

Es gibt einen Ausdruck für solch eine Politik, wie sie der
brandenburgische Ministerpräsident betreibt: Populismus pur.

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