Bosbach: Deutschland kann nicht grundsätzlich auf Verfassungsschutz verzichten/ Kleinere zu größeren Einheiten zusammenlegen

Bonn/Köln, 4. Juli 2012 – Wolfgang Bosbach (CDU) hält
den Verfassungsschutz trotz der Pannen in den vergangenen Monaten für
unverzichtbar. „Gerade die Ereignisse der letzten Monate haben ja
gezeigt, wie wichtig die Arbeit und die Erkenntnisse des
Verfassungsschutzes sind“, sagte der Vorsitzende des
Bundestags-Innenausschusses im PHOENIX-Interview. Den allermeisten
Vereinsverboten hätten Erkenntnisse des Verfassungsschutzes zugrunde
gelegen. Beispiel sei das Erstarken des Salafismus. Die
freiheitlich-demokratische Grundordnung werde von rechts außen
angegriffen, von links außen und auch durch den Bereich des
gewaltbereiten Islamismus. „Deswegen kann ein großes Land wie die
Bundesrepublik Deutschland grundsätzlich nicht auf den Schutz der
Verfassung durch Verfassungsschutzbehörden verzichten. Das heißt
nicht, dass die Arbeit nicht verbesserungswürdig ist.“

Der richtige Zeitpunkt, über organisatorische und möglicherweise
personelle Veränderungen nachzudenken, sei die Anklageerhebung des
Generalbundesanwalts, die für den Spätherbst geplant sei, so Bosbach
weiter. Dann seien die Ermittlungen abgeschlossen. „Mit den Ländern
sollten wir einmal darüber nachdenken, ob es nicht Sinn machen
könnte, kleinere zu größeren Einheiten zusammenzulegen“, wiederholte
er seine Forderung aus dem Vorjahr.

Dass Akten vernichtet worden seien, stimme mehr als nachdenklich,
so Bosbach. „Es soll überhaupt keiner den Versuch unternehmen, uns
einreden zu wollen, dieser zeitliche Zusammenhang sei ein Zufall. Man
soll uns auch nicht damit kommen, das sei ein Versehen gewesen.“ Die
Akten seien vorsätzlich vernichtet worden. Es stelle sich nun die
Frage, was darin gestanden habe. „Es wäre ein Alptraum, wenn sich
unter den Tarnnamen, die ja alle mit dem Buchstaben T wie Treppe
beginnen, auch Namen wie Tschäpe, Böhnhardt oder Mundlos befunden
hätten.“

Es stelle sich auch die Frage, inwieweit die parlamentarischen
Kontrollgremien an den Grenzen ihrer Möglichkeiten angelangt seien,
sagte Bosbach. „Die Möglichkeiten, die wir zur parlamentarischen
Kontrolle haben, sind ja eher begrenzt. Ich habe nach wie vor das
Gefühl, was man uns unter allen Umständen verheimlichen will, das
erfahren wir auch nicht. Es sei denn, es kommt durch Zufall ans
Tageslicht und kann dann nicht mehr vertuscht werden.“

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