Sapere aude! Wage es, zu denken – so lautet der
Wahlspruch der Aufklärung, vorgegeben von Immanuel Kant. Dem folgend
bringt das Transparenzpaket zwar mehr Licht ins Gestrüpp der
Parteienfinanzierung. Aber es reicht nicht. Dass es diese Neuregelung
gibt, ist ein Fortschritt. Die Grünen haben im Zuge der Verhandlungen
Verbesserungen im Sinne der Transparenz erreicht, indem die Grenze
für die Veröffentlichung von Parteispenden auf 3500 Euro gesenkt
wurden und auch Bezirksparteien erfasst werden. Dass SPÖ und ÖVP in
dem Punkt entgegen gekommen sind, spricht für sie.
Man braucht sich nicht neue Fälle auszudenken, sondern nur bisherige
herzunehmen, wie Karl-Heinz Grassers Homepage: Nach der Neuregelung
müsste der Financier weiterhin nicht publik gemacht werden. Warum
sind Minister nicht von der Offenlegung erfasst? Außerdem ist nicht
einzusehen, dass Geldstrafen nur bei Verstößen in Zusammenhang mit
Spenden angedroht werden, nicht aber bei Inseraten oder Sponsoring.
Soweit zu den Schlupflöchern.
Das ganze Polit-System ist aber viel undurchsichtiger, wenn man nicht
nur auf die Einnahmenseite sondern auch auf den Ausgabenbereich
blickt. Im Zuge des U-Ausschusses, durch parlamentarische Anfragen
und diverser Rechnungshofberichte kommen Beraterhonorare ans Licht
und Summen, bei denen man sich fragt: Was war die Leistung? Es drängt
sich der Eindruck auf: Ohne Berater läuft gar nichts.
Beispiele aus dem Innenministerium: Die Firma Headquarter, die vom
früheren Kabinettschef des einstigen Innenministers Ernst Strasser
geführt wird, bekam 191.868 Euro für eine „Werbeoffensive der
Polizei“. Für „strategisch-politische Beratung der Bundesministerin“
– damals Maria Fekter – wurden zwischen Juni 2009 und Oktober 2011
insgesamt 248.315,52 Euro ausgegeben. In Zusammenhang mit dem
Blaulichtfunk wurden 28 Beraterverträge in Höhe von einer Million
Euro vergeben.
Zufällig sind es häufig ehemalige Ministeriumsmitarbeiter, die sich
als Berater selbständig gemacht haben – oder als Beamte karenziert
sind, wie Strassers Ex-Kabinettschef Christoph Ulmer. Wie viel diese
Form der Mitarbeiter- oder Freunderlwirtschaft kostet, bleibt im
Dunkeln. Die Steuerzahler haben ein Anrecht zu wissen, für welche
Leistung die Regierung Geld ausgibt. Wenn Firmen direkt an Berater
für die Vermittlung von Ministeriumsaufträgen Provisionen überweisen,
wird man – wie hoffentlich im Fall Mensdorff-Poilly – nur in
Einzelfällen Aufklärung erhalten.
Intransparenz herrscht nicht nur auf Bundesebene: Auch die
steirischen „Reformpartner“ SPÖ und ÖVP weigern sich bekannt zu
geben, an wen insgesamt 25 Millionen Euro an Beratungshonoraren in
den vergangenen Jahren geflossen sind.
Nicht viel nachzudenken braucht man, warum SPÖ und ÖVP die
Parteienförderung mit ihrer Transparenzinitiative gekoppelt haben:
Für die gläsernen Kassen werden die Steuerzahler zur Kasse gebeten.
Spenden, die den Parteien durch die neuen Offenlegungspflichten
entgehen, sollen kompensiert werden. Die Neuregelung beschert
Parteien außerhalb eines Nationalratswahljahres fast eine
Verdoppelung der bisherigen Förderungen – und damit einen Rekord in
Europa. Das ist schamlose Selbstbedienung und stellt die Bemühungen
um mehr Transparenz in den Schatten.
Rückfragehinweis:
Der Standard, Tel.: (01) 531 70/445
Digitale Pressemappe: http://www.ots.at/pressemappe/449/aom