DER STANDARD-KOMMENTAR „Prölls rot-blau-grüne Trümpfe“ von Andrea Heigl

Jetzt ist es vorbei mit der Zurückhaltung. Am
Donnerstagabend starteten Landeshauptmann Erwin Pröll (ÖVP) und
Neopolitiker Frank Stronach offiziell in den niederösterreichischen
Wahlkampf – auf Plakaten befehden sie einander schon länger. So
unerträglich sein Gehabe auch ist, man muss Stronach fast ein wenig
dankbar sein, dass er sich in die Wahl eingemischt hat. Denn die
Ideenlosigkeit der anderen Parteien, wenn es darum geht, der ÖVP die
absolute Mehrheit abzujagen, ist zum Weinen.
Seit Jahren versuchen SPÖ, FPÖ und Grüne, den schwarzen
Landesregierern nachzuweisen, dass sie mit dem Landesvermögen
fahrlässig umgegangen sind. Ein Big Bang à la _Salzburg blieb
allerdings aus. Die ÖVP hat es verstanden, ein kompliziertes
Konstrukt rund um die Landesfinanzen aufzubauen, sodass der gemeine
Wähler ohnehin ratlos zurückbleibt. Die anderen Parteien können nur
versuchen, an das dumpfe Bauchgefühl zu appellieren, dass da
irgendwas nicht in Ordnung ist.
Das versuchen sie so verbissen, dass andere, handfestere Themen auf
der Strecke bleiben. Dass die Verkehrsplanung weitgehend
autozentriert erfolgt – geschenkt. Dass die Betreuung der
allerkleinsten Kinder ein Vermögen kostet, wenn man überhaupt einen
Platz findet – niederösterreichische Realität, über die sich niemand
aufpudelt. Dass die quasi nicht vorhandenen Minderheitenrechte im
Landtag echte Kontrolle verhindern – offenbar kein Thema.
Jede Partei macht es der ÖVP auf ihre Art und Weise leicht, sich in
ihrem eigenen Glanz zu sonnen._ Die SPÖ setzt auf maximale verbale
Konfrontation, während sie gleichzeitig – Proporz sei Dank – zwei
Landesräte stellt. Kantige Oppositionspartei und konstruktive
Regierungskraft gleichzeitig sein, das geht auf Dauer nicht zusammen.

Die FPÖ ist halt die FPÖ, rechter als in anderen Ländern und daher
unfähig, Wähler außerhalb der Kernklientel anzusprechen. Und die
Grünen haben mit Madeleine Petrovic eine Spitzenkandidatin, deren
echtes Herzensanliegen – nämlich das Tierschutzhaus – überhaupt
nichts mit niederösterreichischer Landespolitik zu tun hat. Vor allem
ihr eigentliches Kernthema, die Ökofrage, vernachlässigen die Grünen
sträflich.
Alle drei Parteien werden im Schatten der ÖVP zerrieben; sie hatten
in den letzten Jahren mit internen Querelen zu kämpfen, die die
Schwarzen weidlich ausschlachten. Deren Parteiapparat hingegen ist
gut geölt und ganz auf das Sammeln von Vorzugsstimmen ausgerichtet.
Selbst Wähler, die sich mit der ÖVP nicht wirklich anfreunden können,
finden vielleicht den einen oder anderen Bezirkskandidaten gut – und
verschaffen, Wahlrecht sei Dank, mit ihrem Kreuzerl der ÖVP eine
Stimme.
Bleibt also Frank Stronach. Und selbst der legt der ÖVP einen Elfer
nach dem anderen auf. Etwa weil er nicht zur Wahlkonfrontation des
ORF kommt. Das passt alles perfekt in die schwarze Strategie, ihn als
landesfernen, schrulligen Eh-nicht-wirklich-Politiker hinzustellen.
Es wäre also nicht weiter verwunderlich, wenn es der ÖVP gelingt, am
3. März ihre absolute Mehrheit in die nächste Legislaturperiode
hinüberzuretten. Nicht weil mehr als 50 Prozent der
Niederösterreicher uneingeschränkt zufrieden sind damit, was die
Schwarzen machen. Der vielleicht größte Trumpf der ÖVP ist die
schwächelnde Konkurrenz.

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Der Standard
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