Der neue Ostbeauftragte der Bundesregierung, der
Thüringer CDU-Politiker Christian Hirte, attestiert den Ostdeutschen
eine besondere Wahrnehmung des Staates. „Sie sind mit einem Staat
sozialisiert worden, der allgegenwärtig und für alles verantwortlich
war. Das prägt in beide Richtungen“, sagte Hirte im Interview mit dem
„Tagesspiegel am Sonntag“: „Man ist staatlichen Bevormundungen
gegenüber besonders kritisch und hat gleichzeitig besonders hohe
Erwartungen an den Staat.“ Dazu komme, dass der Osten nach dem Fall
der Mauer gewaltige gesellschaftliche Umbrüche erlebt habe:
Jobverlust, Unsicherheit in sozialen Bindungen. „Niemand im Westen
kann sich vorstellen, wie das ist, wenn um einen herum alles
zusammenbricht, es keinerlei Gewissheit aus Erfahrung gibt und Sorgen
um die Zukunft. Selbst der harte Strukturwandel im Ruhrgebiet ist
dagegen eine harmlose Veranstaltung“, sagte Hirte.
Dass die Abwehr der Ostdeutschen gegenüber Flüchtlingen größer als
im Westen sei, habe auch etwas mit ihrer tiefsitzenden „Angst davor
zu tun, dass die eigene Lage wieder schlechter wird“. 1990 habe ihnen
der Staat versprochen, dass alles besser werde – „und erlebt haben
sie den faktischen Komplettzusammenbruch der Wirtschaft“. Diese
Erinnerungen machten die Ostdeutschen viel skeptischer, „ob der Staat
die Flüchtlingskrise bewältigen kann und lässt alte Sorgen aufleben,
dass sie selbst die Konsequenzen zu tragen haben, wenn es
schiefgeht“.
https://www.tagesspiegel.de/politik/ostbeauftragter-der-regierung-
ostdeutsche-haben-besonders-hohe-erwartungen-an-den-staat/21083696.ht
ml
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