Deutsche Umwelthilfe setzt sich im Streit um Luftreinhaltung an Baustelle Stuttgart 21 durch

Pressemitteilung

Eisenbahnbundesamt muss nach gerichtlichen Hinweisen den Einsatz
von Dieselpartikelfiltern besser überwachen –
DUH-Bundesgeschäftsführer Resch wirft Deutscher Bahn fortgesetzte
Gesundheitsgefährdung der Anwohner vor – Nach Erfolg des Klägers im
Dezember 2010 vor dem Verwaltungsgericht Stuttgart hatte das vom VG
zur Überwachung verpflichtete Eisenbahnbundesamt seine Pflichten nur
unzureichend erfüllt – DUH setzt nun auf neue Landesregierung in
Baden-Württemberg

Nach monatelangen Hinhaltemanövern muss das Eisenbahn-bunde¬samt
(EBA) als zuständige Aufsichtsbehörde die Ausrüstung von auf der
Bau¬stelle Stuttgart 21 eingesetzten Baumaschinen und Baufahrzeugen
mit Dieselrußfil¬tern strenger überwachen. Das ist das Ergebnis einer
erneuten Intervention des Verwaltungsgerichts Stuttgart. Das Gericht
wies das EBA darauf hin, dass bei der Überwachung künftig so zu
verfahren ist, wie es der Rechtsauffassung des klagenden Bürgers und
der Deutschen Umwelthilfe e.V. (DUH) entspricht. Das EBA hat
daraufhin zugesagt, entsprechend zu verfahren.

In einem Vergleich von Anfang Dezember 2010 hatten sich das EBA
und ein von der DUH vertretener Stuttgarter Kläger vor dem
Verwaltungsgericht darauf verstän-digt, dass sämtliche
Baustellenfahrzeuge und Baumaschinen auf der Baustelle S 21 mit
Dieselfiltern ausgerüstet sein müssen, sofern die jeweilige Fahrzeug-
und Ma¬schinenart am Markt mit einem serienmäßigen Filter verfügbar
ist. Der Vergleich verpflichtete die Deutsche Bahn, ab Anfang Februar
2011 so zu verfahren. Obwohl der Kläger und die DUH eine erhebliche
Zahl von Verstößen gegen die Verpflichtung dokumentierten, schritt
das EBA bei vielen Verstößen nicht ein und begründete dies damit,
dass für das jeweilige Fahrzeug kein Partikelfilter zu beschaffen
sei. Die DUH und der klagende Bürger wiesen demgegenüber darauf hin,
dass diese Herangehensweise nicht dem gerichtlichen Vergleich
entspricht, da es Fahrzeuge und Maschinen gibt, die einen Filter
besitzen und zu dem jeweiligen Bauzweck eingesetzt werden können.
Wenn das Fahrzeug einer bestimmten Baufirma nicht mit einem
Partikelfilter nachgerüstet werden kann, muss sich die Firma entweder
neue Baumaschinen (mit Filter) besorgen oder es muss eine
Neuausschreibung der Bauleistungen an Firmen erfolgen, die in der
Lage sind, Baumaschinen mit Filter einzusetzen. Im Rahmen des
daraufhin beim Verwaltungsgericht gestarteten
Vollstreckungsverfahrens teilte das Gericht die Rechtsauffassung der
DUH. Das Eisenbahnbundesamt sagte zu, künftig in diesem Sinne zu
verfahren. Der Vollstreckungsantrag konnte daher zurück genommen
werden.

„Die Deutsche Bahn gefährdet die Gesundheit der Anwohner von
Stuttgart 21. Die zweifelsfreien Rechtsverstöße sind ihr offenbar
einerlei. Es ist ärgerlich und bezeich-nend zugleich, dass die
Deutsche Bahn als Bauherrin und das EBA als Aufsichtsbe-hörde
gerichtliche Vereinbarungen ignorierten“, zeigte sich
DUH-Bundesge-schäftsführer Jürgen Resch verärgert darüber, dass die
DUH ein weiteres Mal per Gerichts¬ver¬fahren Recht und Gesetz habe
durchsetzen müssen. Das EBA habe erst eingelenkt, als die DUH
erdrückende Beweise für die fortgesetzten Verstöße gegen den Anfang
Dezember 2010 vor dem VG Stuttgart beschlossenen Vergleich vorgelegt
habe.

Große Hoffnungen setzt die DUH auf die neue baden-württembergische
Landesre-gierung: „Wir gehen davon aus, dass im Rahmen eines
ehrlichen Stresstests für S 21 sich die von den Umweltverbänden seit
Jahren befürchteten erheblichen Mehrkosten bestätigen, das
Bahnhofsprojekt noch gestoppt und die Baustelle rückabgewickelt
werden kann. Dabei werden sicherlich die beiden zuständigen
Landesministerien genau darauf achten, dass keine Maschinen oder
Fahrzeuge auf der Baustelle betrieben werden, die nicht mit der
modernsten Abgasreinigung ausgestattet sind“, so Resch.

Über Rechtsanwalt Dr. Remo Klinger hat die DUH das EBA
aufgefordert künftig auf Grundlage der aktuellen „Hinweise“ des
Gerichts zu verfahren und dazu eine Zusage des EBA erhalten. Klinger:
„Das EBA ist als Aufsichtsbehörde verantwortlich für die Umsetzung
des gerichtlichen Vergleichs. Nach den ergänzenden Hinweisen des
Gerichts sieht man sich im EBA endlich bemüßigt, die Einhaltung der
Verpflichtungen aus dem Vergleich künftig vollständig zu überwachen
und durchzusetzen.“

Hintergrund des für die DUH aufwendigen Rechtsstreits sind die
gravierenden Folgen hoher Feinstaubbelastungen in Ballungsräumen. Die
EU und die Weltgesundheitsorganisation gehen allein in Deutschland
von jährlich 75.000 vorzeitigen Todesfällen aus. Im konkreten Fall
sind insbesondere Bauarbeiter, die den ganzen Tag an der Baustelle
arbeiten, hoch belastet. Darüber hinaus gehört Stuttgart zu den am
stärksten von Feinstaub und NO2 belasteten Städten. An der Messstelle
am in unmittelbarer Nachbarschaft zur Baustelle S 21 gelegenen
Neckartor wurden die EU-Grenzwerte 2010 insgesamt 103 Mal
überschritten – so oft wie an keiner anderen Messstelle in
Deutschland.

Pressekontakt:
Jürgen Resch, Bundesgeschäftsführer Deutsche Umwelthilfe e.V.,
Hackescher Markt 4, 10178 Berlin, Tel.: 030 2400867-0, Mobil: 0171
3649170, resch@duh.de

Dr. Remo Klinger, Rechtsanwaltskanzlei Geulen & Klinger,
Schaperstraße 15, 10719 Berlin, Tel. 030 88472-80, 0171 2435458,
klinger@geulen.com

Dr. Gerd Rosenkranz, Leiter Politik, Hackescher Markt 4, 10178
Berlin; Tel.: 0302400867-0, Mobil: 0171 5660577, Fax: 030 2400867-19,
E-Mail: rosenkranz@duh.de