Falsche Versprechungen in Berlin und Brüssel: Mittel für Entwicklungszusammenarbeit gehen zurück

Zum ersten Mal seit fünf Jahren gehen die
Ausgaben der Europäischen Union für die Entwicklungszusammenarbeit
zurück. Das zeigt der AidWatch-Bericht 2018 des Europäischen
Dachverbandes entwicklungspolitischer Nichtregierungsorganisationen
CONCORD, der am 18. Oktober 2018 in Brüssel vorgestellt wird. Demnach
hat auch Deutschland im Jahr 2017 weniger für
Entwicklungszusammenarbeit ausgegeben und damit das Ziel, 0,7 % des
Bruttonationaleinkommens (BNE) für die Entwicklungszusammenarbeit
auszugeben, erneut verpasst.

Die Europäische Union bleibt laut AidWatch-Bericht trotz des
Rückgangs mit einem Anteil von 19 % immer noch der größte öffentliche
Geber weltweit. Vor dem Hintergrund der wiederholten Versprechungen
der EU-Mitgliedsländer und -Institutionen, mehr Mittel für die
Bekämpfung der Ursachen von Migration und Flucht auszugeben, ist der
Rückgang jedoch mehr als bedauerlich.

Dem Bericht zufolge geht der Rückgang auf die Senkung der Ausgaben
im Bereich Flucht und Migration sowie auf geringere Schuldenerlasse
zurück. Von den Europäischen Geberländern wurden diese Ausgaben in
den letzten Jahren als Entwicklungshilfe angerechnet. „Diese
künstliche Aufblähung der Zahlen ist auch in den letzten Jahren schon
als widersprüchlich und kontraproduktiv kritisiert worden“, sagt der
SÜDWIND – Experte Dr. Pedro Morazan, der als Vertreter des Verbands
Entwicklungspolitik und Humanitäre Hilfe VENRO bei der Vorstellung
des AidWatch-Berichtes in Brüssel dabei ist. „Finanzielle Mittel z.B.
für die Abschiebung von Flüchtlingen als Entwicklungshilfe zu
deklarieren, entspricht nicht der Logik einer wirksamen
Entwicklungszusammenarbeit“, so Morazán weiter.

„Sowohl die EU als auch die Bundesregierung wiederholen
gebetsmühlenartig, dass es auch im eigenen Interesse ist, durch eine
Stärkung der Entwicklungszusammenarbeit die Ursachen von Flucht und
Migration in den Entwicklungsländern zu bekämpfen. Leider liegen hier
zwischen Worten und Taten Welten.“ so Martina Schaub,
Geschäftsführerin von SÜDWIND und Vorstandsmitglied von VENRO.

Positiv wird im AidWatch-Bericht hervorgehoben, dass die
Entwicklungshilfe für die ärmsten Länder im Vergleich zum Jahr 2016
um 4 % auf 0,11 % des BNE gestiegen ist. Das liegt aber noch immer
deutlich unter den versprochenen 0,15 %. Laut CONCORD ist weiterhin
zu befürchten, dass die Entwicklungszusammenarbeit bei den
gegenwärtigen Verhandlungen um einen neuen EU-Haushalt den Kürzeren
ziehen wird: Zum einen wird ein weiterer Rückgang der Mittel im neuen
EU-Haushalt befürchtet. Zum anderen wird sich aber auch die Qualität
der EU-Entwicklungszusammenarbeit ändern, indem mehr Geld für
Migrations- und Sicherheitspolitik und weniger für die klassischen,
aber nötigen Entwicklungsfelder Armutsbekämpfung und Umweltschutz
ausgegeben wird.

„Der AidWatch-Bericht von CONCORD muss als ein dringlicher Aufruf
zu mehr Engagement in der Entwicklungspolitik verstanden werden. Das
gilt insbesondere für die deutsche Bundesregierung“, so Schaub
weiter. Insbesondere arme Entwicklungsländer sind derzeit von den
katastrophalen Folgen des Klimawandels betroffen. Sie verfügen nicht
über ausreichende Ressourcen für Anpassung und Wiederaufbau. „Dazu
passt das Ziel der Agenda 2030 „Niemanden zurück lassen“, das von der
Bundesregierung mit Elan propagiert wird. Ohne größere Anstrengungen
in der Entwicklungspolitik und anderen entwicklungsrelevanten
Politikfeldern droht diese Vision ein leeres Versprechen zu bleiben“,
sagt Pedro Morazán.

Den AidWatch-Bericht 2018 können Sie hier (http://ots.de/OkxF53)
herunterladen

Pressekontakt:
Dr. Pedro Morazán
SÜDWIND
Tel.: 0152-33575204
morazan@suedwind-institut.de

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