Hermann Gröhe
Die CDU hat ohne Zweifel in Bremen eine schmerzhafte Niederlage
erlitten. Gleiches gilt für Hamburg. Stimmt deshalb gleich der
Rückschluss: Christlich-demokratische Politik ist nichts für
Großstädter? Nein! Wer das behauptet, übersieht die vielen
erfolgreichen CDU-Bürgermeisterinnen und Bürgermeister auch in großen
Städten, von Dresden über Frankfurt und Düsseldorf bis Stuttgart. Wer
das behauptet, tut so, als sei der „Großstädter“ eine seltsame
Wähler-Spezies, die bei vermeintlich hippen Themen von Multi-Kulti
bis Gender-Mainstreaming vor Begeisterung Kopf steht und Politiker
nur danach auswählt, ob sie szenetauglich sind. Ein beeindruckendes
Beispiel dafür, wie wenig manche den Wählern zutrauen. Richtig ist:
Trends kommen und gehen – gerade in den Metropolen. Auch das macht
sie so anziehend und so spannend. Und richtig ist auch: die CDU ist
keine trendige Partei! Das wollen und müssen wir aber auch nicht
sein. Denn unser Kompass richtet sich nach bleibenden Werten – dem
christlichen Menschenbild und den daraus abgeleiteten Grundwerten
Freiheit, Solidarität und Gerechtigkeit. Und ja, völlig richtig, in
diesem Sinne ist die CDU eine konservative Partei. Das macht uns aus
und genau hier liegt auch der Schlüssel, warum wir attraktiv für die
Bewohner großer Städte sein können. Denn die Vielfalt der
Lebensentwürfe mag gerade in den Großstädten massiv zugenommen haben,
aber doch nicht die grundlegenden Bedürfnisse der Menschen. Ganz
gleich, ob einheimisch oder zugewandert, die Menschen wollen Arbeit
haben. Ganz gleich, ob in einer Ehe oder in einer
gleichgeschlechtlichen Partnerschaft lebend, die Menschen wollen die
besten Schulen für ihre Kinder. Denken Sie nur an das Volksbegehren
gegen die Hamburger Schulreform. Ganz gleich, ob Beamter oder frei
schaffender Künstler, die Menschen wollen sicher Bus, U-Bahn und
Straßenbahn fahren. Und die Menschen wissen, dass es solide und
sparsame Haushaltsführung bedarf, um das zu verwirklichen. Wirtschaft
und Arbeit, Bildung, Innere Sicherheit, Finanzen – das sind
wesentliche Kernthemen der CDU. Und hier können wir auch mit guten
Bilanzen belegen, dass wir etwas von den Themen verstehen. Hamburg
war eine Hochburg der Kriminalität, bis die CDU das Thema endlich
erfolgreich anpackte. Düsseldorf ist unter Unionsführung schuldenfrei
geworden und hat damit wertvollen Spielraum in der Stadtgestaltung.
In Frankfurt investieren viele internationale Firmen dank
hervorragender Bedingungen und sorgen so für Arbeitsplätze und
Aufschwung in der Region. Hinzu kommt trotz Finanz- und
Wirtschaftskrise eine sehr gute bundesweite konjunkturelle
Entwicklung, an der die unionsgeprägte Politik einen nicht
unerheblichen Anteil hat. Allerdings haben – vor allem bedingt durch
das schreckliche Atom-Unglück in Fukushima – andere Themen die Agenda
der vergangenen Wochen bestimmt. Zur Wahrheit gehört auch, dass wir
an einigen Stellen besser werden müssen. Wir müssen uns gerade in den
großen Städten für Zukunftsthemen stärker öffnen: von den Folgen der
demografischen Entwicklung für das Miteinander der Generationen, den
Herausforderungen des Klimawandels für Städtebau- und Planung, über
Fragen der Integration bis zu zukunftsgerechten Verkehrskonzepten.
Wir müssen uns zudem noch mehr darum bemühen, interessante Köpfe als
Kandidaten zu gewinnen, die in den unterschiedlichen
gesellschaftlichen Gruppen – von der Tafel für Bedürftige bis zur
Kunstszene – verankert sind. Dazu gehört auch die Bereitschaft der
Partei, deren kreative und originelle Ideen mitzutragen und manchmal
eben auch zu ertragen. Schließlich müssen wir immer wieder neue und
zeitgemäße Wege finden, um in einen Dialog auf Augenhöhe mit den
Bürgerinnen und Bürgern zu treten. Vielerorts wird das in der CDU
bereits gelebt. Ich bin sicher, wenn uns das überall gelingt, stärken
wir damit unsere Großstadtkompetenz und überzeugen die Wählerinnen
und Wähler.
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