Der Bürgermeister von Boostedt (Kreis Segeberg),
Hartmut König (CDU), hat gegenüber den „Kieler Nachrichten“
(Mittwoch) wachsende Probleme im Zusammenhang mit der dortigen
Landesunterkunft für Flüchtlinge (LUK) geschildert. „Unsere Gemeinde
wird mit einer Klientel von Flüchtlingen belastet, mit der sich ein
großer Teil der Bevölkerung nicht mehr identifizieren kann“, sagte
König, der über Krawall, rüpelhaftes Benehmen und Respektlosigkeit
klagt. Hauptgrund für die Entwicklung sei, dass es sich bei den rund
800 Bewohnern der LUK vorwiegend um junge Männer ohne
Bleibeperspektive handele.
Auf dem Gelände der ehemaligen Rantzau-Kaserne leben derzeit rund
1200 Migranten, davon warten etwa 400 in der Erstaufnahme auf den
Ausgang ihres Asylverfahrens. „Jeder, der Bleiberecht hat, wird
relativ schnell weiterverteilt in andere Kommunen“, sagte König. In
der Unterkunft seien überwiegend Flüchtlinge, die vor der Ausweisung
oder Rückführung stehen. Diese hätten in Deutschland „keine Chance“
und würden in Boostedt „ihre Zeit absitzen“. „Auch wenn das Land es
abstreitet: Ich habe das Gefühl, dass wir hier ein Ankerzentrum sind.
Ein Ankerzentrum von hinten herum“, sagte König der Zeitung mit Blick
auf die Pläne von Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU), in den
Bundesländern Zentren zu schaffen, um Abschiebungen zu beschleunigen.
Schleswig-Holstein lehnt dies bisher ab.
Die Boostedter Bevölkerung (4600 Einwohner) habe anfangs große
Hilfsbereitschaft gezeigt, viele hätten sich ehrenamtlich für die
Zuwanderer engagiert, sagte König. Das habe sich nun geändert, die
Stimmung im Ort kippe. „Das Ehrenamt ist zusammengebrochen.“ Das
Engagement werde „von den Flüchtlingen nicht gewürdigt“, so König.
Die schwierige Klientel der LUK beschreibt er so: „Sie dürfen nicht
arbeiten, wollen keinen Kontakt zur Bevölkerung, haben kein Interesse
an Sprachunterricht und fallen in der Unterkunft durch Alkohol und
Krawall auf.“
Die Landespolizei hat ihre Kräfte in der Asyl-Unterkunft
mittlerweile auf 23 Beamte aufgestockt. Wiederholt war es dort in den
vergangenen Monaten zu handgreiflichen Auseinandersetzungen unter
Bewohnern gekommen. Von der Landesregierung fühle er sich
„alleingelassen“, sagte Bürgermeister König dem Blatt. „Ich erwarte,
dass man unsere Belange wahrnimmt, ernstnimmt und uns unterstützt.“
Das schleswig-holsteinische Innenministerium verwies auf Anfrage
der Zeitung darauf, dass man sich „im regelmäßigen Austausch“ mit
König befinde, um die Situation zu entspannen. Vereinbart habe man
unlängst, den Standort Boostedt bis November 2024 zu erhalten, die
Kapazität der Unterkunft aber ab Dezember 2019 auf 500 Personen (in
Ausnahmefällen 700) zu reduzieren. König drängte gegenüber der
Zeitung jedoch darauf, zur weiteren Entlastung neben Boostedt und
Neumünster eine dritte Landesunterkunft einzurichten.
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