Kölner Stadt-Anzeiger: Kirchenexperte: Katholiken-Studie ist „traurig wie beunruhigend“

Der Bochumer Pastoraltheologe Matthias Sellmann hat
die Ergebnisse der Sinus-Milieustudie über die Katholiken in
Deutschland als dramatisch und beunruhigend bezeichnet. Insbesondere
der Imageschaden durch den Missbrauchsskandal und Strukturreformen
wie Pfarreifusionen sei im Vergleich zur Vorgänger-Studie aus dem
Jahr 2005 enorm, sagte Sellmann dem „Kölner Stadt-Anzeiger“
(Freitag-Ausgabe). „Die Spaltung zwischen der Wahrnehmung der Kirche
als Apparat und als tragfähiges lokales Beziehungsnetz hat sich
erheblich vertieft.“ Gerade an ihrer konstanten, verlässlichen
Präsenz vor Ort aber habe die Kirche selbst Zweifel gesät, so
Sellmann. Selbst die bürgerlich-mittelständische Basis, auf die sich
kirchliches Leben in Deutschland wesentlich stützt, drohe zu
erodieren, so Sellmann. Angesichts verbreiteter Abstiegsängste erlebe
die Mittelschicht die Kirche nicht mehr als Stütze und Hilfe. Mit
Besorgnis registriert der Theologe, dass die Aussagen über die Kirche
in der Sinus-Studie – verglichen mit deren Vorgängerin von 2005 –
„klischeehafter und schematischer“ ausfielen. „Es fehlt oft die
persönliche Farbe, die eigene Erfahrung. Das ist so traurig wie
beunruhigend und sollte uns alle in der Kirche zu neuen Anstrengungen
auf der Beziehungsebene motivieren.“ Sellmann lobte die Bereitschaft
der deutschen Bischöfe und anderer kirchlicher Institutionen, durch
die Sinus-Studie zu besserer, soziologisch fundierter
Selbsterkenntnis zu gelangen. „Das ist eine Investition, die sich
lohnt“, so der Bochumer Wissenschaftler. Sellmann hat als Fachberater
an der Erstellung der Studie mitgewirkt.

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