Landesregierung will Pilotprojekt gegen Energiearmut starten / „zur Sache Rheinland-Pfalz!“ heute, 13. September 2012, 20.15 Uhr im SWR Fernsehen

Die rheinland-pfälzische Landesregierung will nun
auf Gefahren durch Stromsperren reagieren. „Wir planen in 2013 ein
Pilotprojekt mit finanzieller Unterstützung des
Wirtschaftsministeriums“, sagte der Energieexperte der
Verbraucherzentrale Rheinland-Pfalz, Hans Weinreuter, dem
SWR-Politikmagazin „zur Sache Rheinland-Pfalz!“ Dabei solle ein
Mediationsverfahren in den Mittelpunkt gestellt werden, bei dem die
betroffenen Verbraucher und die Energieversorger an einen Tisch
geholt würden. Es sollten Lösungen entwickelt werden, „so dass die
Stromsperre unbedingt verhindert werden kann“, sagte Weinreuter.

Hintergrund des Pilotprojektes ist eine Brandkatastrophe in
Saarbrücken-Burbach, bei der Ende August vier Kinder einer Sinti- und
Roma-Familie ums Leben kamen. Der Brand wurde nach Angaben der
Staatsanwaltschaft durch eine brennende Kerze ausgelöst, die zwischen
Bettmatratzen stand. Der Familie war zwei Wochen vor dem Brandunglück
wegen Zahlungsrückständen der Strom abgestellt worden.

Eine Umfrage der Verbraucherzentrale Rheinland-Pfalz im Frühsommer
ergab, dass im Jahr 2011 allein in Rheinland-Pfalz insgesamt 36.800
Haushalten der Strom abgesperrt wurde. Das sei eine deutliche Zunahme
zum Vorjahr, sagte Weinreuter: „Wir haben in diesem Fall 36.000
Einzelschicksale.“ Der Alltag für die betroffenen Familien „kippt
dann völlig, es wird dann hektisch nach Alternativen gesucht, die im
Ernstfall zur Katastrophe führen können.“

Die Verbraucherzentrale fordert deshalb von der Politik, die
Hartz-IV-Regelsätze anzupassen und eine Gruppe von schutzbedürftigen
Kunden zu definieren. Auch die Energieversorger müssten aktiver
werden und genauer kontrollieren, wer in den Haushalten von der
Stromsperre betroffen, und ob ein Abschalten verhältnismäßig sei.
„Wenn Kranke, kleine Kinder, alte Leute betroffen sind, dann ist eine
Stromsperre nicht verhältnismäßig“, sagte Weinreuter.

Auch Verbraucherschutzminister Jochen Hartloff (SPD) fordert, die
soziale Komponente müsse mehr in die Verhältnismäßigkeitsprüfung bei
den Energieversorgern einfließen. „Ich bin als
Verbraucherschutzminister der Auffassung, dass wir mehr gegen
Energiearmut machen müssen“, sagte Hartloff „zur Sache
Rheinland-Pfalz!“ Ähnlich wie bei Räumungsklagen auch, könnten die
Energieversorger verpflichtet werden, vor einer Stromsperre das
Sozialamt oder eine andere Sozialbehörde zu benachrichtigen, damit
Schutzmechanismen greifen könnten. Das könne auch mit dem Datenschutz
in Einklang gebracht werden, sagte der Minister. Mit dem Thema
beschäftigt sich am Donnerstagabend auch die Konferenz der
Verbraucherschutzminister in Hamburg.

Weitere Informationen zu diesem Thema: heute, 13.9.2012, 20.15 Uhr
in „zur Sache Rheinland-Pfalz!“ im SWR Fernsehen. Zitate gegen
Quellenangabe „zur Sache Rheinland-Pfalz!“ frei.

Bei Fragen können Sie sich an Meike Gehlsen, Tel. 06131/929-33216,
meike.gehlsen@swr.de, wenden.