Ein Zug nach Nirgendwo. Keiner steigt aus, keiner
steigt ein: Das ist das Prinzip des Geisterbahnhofs im Keller des
Pannenflughafens BER, der trotz Betriebslosigkeit in Betrieb gehalten
werden muss. Dieser absurde Zustand kostet rund zwei Millionen Euro
im Monat und ist dennoch nur eine Fußnote im Berlin-Brandenburger
Flughafen-Chaos. Den Weg aus dem verfahrenen Desaster soll nun ein
70-jähriger Alt-Manager finden. Es spricht einiges dafür, dass auch
dieser allerletzte Rettungsanker früher oder später im märkischen
Sand versinkt. Zumindest fällt es schwer, den Optimismus der
Verantwortlichen zu teilen. Selig, wer es dennoch kann.
Bundesverkehrsminister Ramsauer palavert von einer „patriotischen
Berufung“. Aufsichtsratsvorsitzender und Brandenburgs
Ministerpräsident Matthias Platzeck nutzt Begriffe wie „erfahrener
Manager“ und „exzellenter Branchenkenner“. Gerade er erhofft sich
viel von der neuen Geheimwaffe im Kampf gegen Chaos und Niedergang –
nicht zuletzt die Rettung der eigenen Haut. Tatsächlich sprechen
einige Argumente für den neuen starken Mann. Seine Auftraggeber hat
er nie enttäuscht. Die Bahn hat er aus einem Milliardenverlust in
einen Milliardengewinn geführt. Insofern ist es richtig, dass die
Erfahrungen insbesondere als Sanierer für Mehdorn sprechen. Durchaus
positiv könnten sich schließlich seine hemdsärmelige Art auswirken –
als Korrektiv zur konfliktscheuen und kompromisslerischen Politik der
Regierungen in Berlin und Brandenburg. Doch die Negativseite ist so
lang, dass es schwer fällt, an eine Mehdorn-Rettung zu glauben. Der
Manager hat in seinem langen Berufsleben nicht nur Freunde gewonnen.
Einige seiner Gegner haben sich am gestrigen Freitag schon einmal mit
markigen Worten zu Wort gemeldet und Hohn und Spott über den neuen
BER-Chef gegossen. Anlass dafür hat er ausreichend geliefert. So
erfolgreich sich die Bilanzen der Bahn seit Mehdorn auch lesen: Das
Image des Unternehmens ist in der Sanierungszeit in den Keller
gesunken und hat sich seitdem nie wieder erholt. Dafür gibt es gute
Gründe. Stand einst die Bahn für deutsche Tugenden wie
Eisenbahnerfleiß und Pünktlichkeit, steht sie heute für schlechten
Service und permanente Verspätung. Das spricht gegen Mehdorn – wie
auch sein Alter. Er wird im Sommer 71 und mutet sich das schwierigste
Projekt seiner beruflichen Laufbahn zu. Natürlich können Senioren
Großes leisten – aber muss es tatsächlich Deutschlands größte
Chaos-Baustelle sein, in die er springt? Interessant wird schließlich
die juristische Auseinandersetzung, die er als Air-Berlin-Chef gegen
den BER initiierte. Nun sitzt er plötzlich auf der Seite des
Beklagten und muss abwehren, was er vor nicht langer Zeit selbst
angezettelt hatte. Ein Sinnbild für das gesamte Flughafen-Chaos. Er
ist der letzte Strohhalm, an den sich die zänkischen Gesellschafter
klammern. Sein Schicksal ist eng verknüpft mit dem des
Ministerpräsidenten Brandenburgs. Scheitert er, wird es für Matthias
Platzeck ganz eng.
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