Lausitzer Rundschau: Die schöne Fassade Union und SPD im Wahlkampfmodus

War das bereits der Wahlkampfauftakt für den
Herbst 2013, was SPD und Union da in den vergangenen Tagen zu
veranstalten suchten? In gewisser Weise schon. Bei einem
„Zukunftskongress“ haben sich die Sozialdemokraten darauf
eingeschworen, „nicht auf Platz“ zu spielen, sondern auf Sieg. Und
Angela Merkel verkündete am Montag vor einer proppenvollen
Bundespressekonferenz, nicht auf eine Große Koalition hinzuarbeiten,
sondern auf die Neuauflage von Schwarz-Gelb. Man könnte zu dem
Schluss kommen, die Lager sortieren sich. Doch so klar sind die
Fronten eben doch nicht, wie beide Parteien glauben machen wollen.
Was ihre Wahlstrategen zuallererst irritieren muss, ist die Meinung
der Bevölkerung. Einer jüngsten Umfrage zufolge wünscht sich die
Mehrheit eine Große Koalition. Und das letzte, was die Menschen haben
wollen, ist ein schwarz-gelber Fortsetzungsroman. Kein Wunder: Wer
die Erfolge der christlich-liberalen Koalition aufzählen soll, muss
schon länger nachdenken, um welche zu finden. Die gute
wirtschaftliche Verfassung des Landes hat jedenfalls eher mit den
Beschlüssen der beiden Vorgänger-Regierungen zu tun als mit denen der
amtierenden. Und darunter war eben auch – eine Große Koalition.
Ansonsten fällt der Blick vor allem auf politische Baustellen. Die
Energiewende hängt in der Luft, die Bundeswehrreform ebenso. Und beim
viel beschworenen Kampf gegen die Altersarmut kämpfen die
schwarz-gelben Truppen in erster Linie mit sich selbst. Dass die
Union trotzdem punktet, hat sie Angela Merkel zu verdanken. Die
Kanzlerin ist die schöne Fassade der C-Parteien. Sie ist beliebt,
weil sie Bescheidenheit und Verlässlichkeit ausstrahlt, und weil es
ihr (noch?) an starker personeller Konkurrenz mangelt. Im eigenen
Lager sowieso. Aber auch beim politischen Gegner. Das Rennen um die
Kanzlerkandidatur in der SPD ist längst zu einer zweifelhaften
Inszenierung geworden, die die Partei eher zurückwirft als
voranbringt. Sie wäre gut bereiten, damit endlich Schluss zu machen.
Freilich, weder Steinbrück noch Steinmeier, geschweige denn Gabriel
haben ein Rezept parat, um Merkel im Kanzleramt zu beerben. Die
Euro-Krise? Hier spitzen die Obergenossen zwar immer wieder den Mund.
Doch wenn es zum politischen Schwur kommt, stimmt die SPD brav mit.
So schlecht kann Merkels europäisches Krisenmanagement also nicht
sein. Und bei der Rente? Sie bietet ebenfalls kaum Raum zur
Profilierung. Alle drei Kandidaten vertreten hier die Agenda-Linie,
und die ist bekanntlich mit der Union kompatibel. Wenn Merkel sich
nicht noch selbst ein Bein stellt, dürfte nach der Bundestagswahl an
ihr kein Weg vorbei führen. Genau das fürchtet wohl auch die SPD
selbst. Im Wahlkampf heißt das für beide Seiten: an die Große
Koalition denken, aber niemals darüber reden.

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