Lausitzer Rundschau: Erst Berlusconi, dann Italien

Ministerpräsident muss sich vor Gericht verantworten

Silvio Berlusconi wird nicht zurücktreten. Das hat
der italienische Ministerpräsident in den vergangenen Wochen erkennen
lassen, in denen der Skandal um seinen Umgang mit der minderjährigen
Prostituierten Karima el-Marough, alias Ruby, öffentlich diskutiert
wurde. Auch die Entscheidung der Mailänder Ermittlungsrichterin, ein
Schnellverfahren gegen den 74 Jahre alten Premier zuzulassen, wird an
der Haltung des Politikers nichts ändern. Vom 6.April an muss
sich Berlusconi den Vorwürfen des Amtsmissbrauchs und der
Prostitution von Minderjährigen vor Gericht stellen. Solange seine
Anwälte auch in dritter und letzter Instanz keinen Freispruch
erwirken, wird Berlusconi allen Rücktrittsforderungen zum Trotz im
Amt bleiben. Damit zeigt er erneut: Sein persönliches Wohl steht für
ihn über dem Italiens. Die Weigerung zum Rücktritt hat fatale Folgen.
Nicht nur spitzt sich angesichts der Angriffe Berlusconis und seiner
Gefolgsleute auf Richter und Staatsanwälte der Konflikt zwischen
Justiz und Politik zu. Eine unabhängige Instanz, wie sie in jeder
Demokratie notwendig ist, wird diskreditiert und unglaubwürdig
gemacht. Italien ist proportional zur Amtsdauer Berlusconis ein immer
stärker gespaltenes Land, dessen Bewohner sich auf die eine oder die
andere Seite schlagen müssen – oder der Politik angewidert den Rücken
kehren. Zudem ist der parlamentarische Betrieb durch die Prozesse des
Ministerpräsidenten blockiert. In drei weiteren Verfahren muss sich
Berlusconi in den kommenden Wochen wegen Bestechung und
Steuerhinterziehung verantworten. Für Politik hat dieser Mann
überhaupt keine Zeit mehr. Doch er benutzt sein Amt weiter, um sich
der Gerichtsbarkeit zu entziehen. Im „Rubygate“-Prozess wird sich
zeigen, ob der Premier weiter Erfolg mit diesem Versuch hat. Im
Moment sieht es nicht danach aus, denn auch die Ermittlungsrichterin
hat „eindeutige Beweise“ für die Schuld des Angeklagten erkannt. Das
sieht die Strafprozessordnung zur Einleitung eines beschleunigten
Verfahrens vor. Auch wenn für Berlusconi zu Prozessbeginn die
Unschuldsvermutung gilt, faktisch kommt dieser Schritt einer
Verurteilung sehr nahe.

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