Es gibt Kleinstädte in Deutschland, in denen bis
heute nichts und niemand daran erinnert, dass es hier einmal Juden
gab, ehe die Nazis sie holten. In anderen Städten dagegen sind kleine
Messingschildchen in die Gehsteige eingelassen: „Hier
wohnte...“ Es folgt ein Name, der Tag der
Deportation und das Datum der Ermordung oder des Exils. Unwillkürlich
sieht man das betreffende Haus mit anderen Augen, als einen konkreten
Ort des Grauens, nicht einmal 70Jahre ist es her. Und man
sieht mit dem Namen auf dem Schild einen Nachbarn, dessen Kinder noch
heute die eigenen Nachbarn sein könnten, wenn die Nazi-Barbarei nicht
gewesen wäre. Die Aktion „Stolpersteine“ läuft seit 1997 und ist mit
über 25000 Gedenktafeln die größte Gedenkaktion in
Deutschland. Aber es gibt viele weiße Flecken auf der Landkarte und
es gibt Widerstand. Heutige Hausbesitzer wollen sich durch Flucht vor
der Geschichte vor einer vermeintlichen Wertminderung schützen,
mitunter auch vor dem Vandalismus von Neonazis. Und einige jüdische
Gemeinden verstehen den Sinn der Aktion grotesk falsch, indem sie
kritisieren, so werde das Andenken der Toten mit Füßen getreten oder
gerate zur ganz realen Stolperfalle. Das ist absurd. Nicht der
Mensch, sondern seine Gedanken sollen „stolpern“, sollen für einen
Moment sagen: „Hier war doch was...“ Und das
funktioniert. Man kann die Bürger überall in Deutschland, gerade in
den Kleinstädten, nur dazu ermuntern, viele solche Orte des
Naziterrors von nebenan ausfindig zu machen und das Erinnern daran
durchzusetzen.
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