Lausitzer Rundschau: Seltsam unterkühlt Streit um fehlerhafte Brustimplantate

Selbst schuld, könnte da mancher Zeitgenosse
meinen: Wenn sich Frauen unbedingt die Brust vergrößern lassen
wollen, dann sollten sie gefälligst auch im Schadensfall nicht
jammern. Doch das ist zynisch. Ganz gleich, aus welchen Gründen sich
Frauen Silikonkissen für ihren Körper zulegen – im Falle des
Skandal-Herstellers PIP sind sie allesamt Opfer krimineller Energie
geworden. Das Bundesgesundheitsministerium reagiert auf diese
traurige Tatsache seltsam unterkühlt. Wenigstens einen Appell an die
Krankenkassen, gegenüber den Betroffenen doch bitte ein Maximum an
finanzieller Kulanz walten zu lassen, hätte man von Ressortchef
Daniel Bahr gern gehört. Auch tut das Ministerium so, als gäbe es
höchstens kosmetischen Korrekturbedarf, um windigen Geschäftemachern
in der Gesundheitsindustrie das Handwerk zu legen. Die Wirklichkeit
sieht anders aus. Das Regelwerk für die Zulassung medizinischer
Produkte, angefangen von künstlichen Hüftgelenken über
Brustimplantate bis hin zu Herzschrittmachern, bietet offenbar so
viele Schlupflöcher, dass Patientinnen und Patienten nur unzureichend
darauf vertrauen können. Im Schadensfall gibt es noch nicht einmal
ein Register, um Betroffene vor möglichen Gesundheitsschäden zu
warnen. In der übrigen Wirtschaft ist man da schon deutlich weiter.
Wer in seinem Auto fehlerhafte Achsen oder Bremsen hat, bekommt
schnell Post von seiner Werkstatt. Warum sollte das nicht auch beim
kostbarsten persönlichen Gut, der Gesundheit, möglich sein? Im
Frühjahr steht ohnehin eine Reform des medizinischen Produktrechts
auf EU-Ebene an. Spätestens hier kann der Bundesgesundheitsminister
beweisen, dass ihm die Geschädigten des PIP-Skandals nicht egal sind.

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