Ein Gespenst geht um in der Partei der Linken: Es
flattert in verstaubten Gewändern durch die Zeitungsspalten und ruft
laut „Kommunismus“. Und so wie es in die Wald hineinruft, so schallt
es hinaus. „Kommunismus“ ruft Lötzsch hinein und „Igitt!“ schallt es
hinaus, ein langanhaltender Ton, getragen von allen, die hoffen, eine
Steilvorlage für bevorstehende Wahl- und (partei)politische
Überlebenskämpfe erhalten zu haben. Der Begriff „Kommunismus“ ist
zunächst einmal weder giftig noch garstig – jedenfalls nicht als
Fachbegriff der politischen Wissenschaft, nicht als Traumvorlage für
sentimentale Rousseau-Bewegte und auch nicht als künstlerisches
Aushängeschild für Brechtliebhaber und Salonsozialisten. Tragisch,
dass einem bei dem Begriff „Kommunismus“ noch andere Assoziationen
einfallen. Als da wären die eingemauerten Völker Ost-Europas in der
Zeit des Kalten Krieges, da wären die Toten an der deutsch-deutschen
Grenze, da wären außerdem so unfassbar viele andere Opfer, die im
Namen des Kommunismus ihr Leben ließen. Millionenfach! In der
Sowjetunion, in China, Nord-Korea und vielen anderen Ländern der
Welt. Es kommt also immer darauf an, wer in welchem Zusammenhang vom
„Kommunismus“ spricht. Gesine Lötzsch ist Vorsitzende einer
Bundestags-Partei, die in Berlin und Brandenburg am Regierungstisch
sitzt. Wenn also eine hochrangige Politikerin dieser Partei von
„Kommunismus“ spricht, dann hat das nichts mit Theaterklamauk, nichts
mit Zeigefinger-Lyrik, nichts mit sehnsuchtsumwobener
Jugendschwärmerei und nichts mit einem Dozentenvortrag in einem
Seminar der Universität zu tun. Wenn eine Frau wie Gesine Lötzsch von
„Kommunismus“ spricht, dann hat das mit „Gesellschaftsordnung“,
„Ideologie“, „Macht“ und „Machtmissbrauch“ zu tun. „Die Wege zum
Kommunismus können wir nur finden…“, schreibt Lötzsch. Das „wir“
beinhaltet bekanntlich ein „ich“. Lötzsch–s Ich sollte den Blick
einen Moment nach hinten richten, dann könnte sie erkennen, dass die
von ihr gesuchten Pfade immer wieder über Leichenberge führten. Eine
Politikerin in Deutschland, die das Marx–sche Gespenst des
Kommunismus herbeiruft – wie kann sie verschweigen, dass im Namen
dieser Ideologie Verbrechen gegen die Menschlichkeit begangen worden
sind? Fragwürdig ist in Teilen allerdings auch die Diskussion, die
nun losbricht. Geschichts- und Ideologiedebatten haben durchaus einen
geistigen und zugegebenermaßen auch einen gewissen Unterhaltungswert
– wenn sie intellektuell anspruchsvoll und nicht aus
parteipolitischem Kalkül geführt werden.
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