LVZ: Neues Wahlrecht würde aktuell 25 unausgeglichene Überhangmandate im Bundestag bringen / Oppermann spricht von „Machtrecht“ der Koalition

Das Problem der vom Bundesverfassungsgericht als
grundgesetzwidrig attestierten Überhangmandate im Bundestag wird,
nach einem Bericht der „Leipziger Volkszeitung“ (Montag-Ausgabe), in
besonderer Weise durch das Aufkommen der Piraten zum neuerlichen
Verfassungsproblem. Die von der schwarz-gelben Koalition
durchgesetzte Neuregelung brächte, nach einer Berechnung des
Parteienforschers Stephan Klecha von der Universität Göttingen,
faktisch die gleiche Zahl von unausgeglichenen Überhangmandaten – 25
– wie derzeit. Der Parlamentarische Geschäftsführer der
SPD-Bundestagsfraktion, Thomas Oppermann, sagte der Zeitung zu diesem
Befund auf Basis der aktuellen Umfrage von Infratest dimap für die
ARD: „Die Koalition missbraucht das Wahlrecht als Machtrecht. Es war
falsch, dass die Koalition nicht bereit war, das Problem der
verfassungswidrigen Überhangmandate zu lösen.“ Einige Wähler
erhielten doppeltes Stimmengewicht. Das stehe im Widerspruch zum
zentralen Versprechen der Demokratie nach einem gleichen Stimmrecht
für alle. „Das Problem wird immer dringlicher, je mehr Parteien im
Bundestag vertreten sind“, sagte Oppermann. Jede weitere Partei, die
Mandate im Bundestag erhalte, erhöhe nach dem geltenden Wahlrecht der
Koalition die Zahl der Überhangmandate um fünf bis sieben Mandate.
Das Bundesverfassungsgericht hat für den 5. Juni 2012 die mündliche
Verhandlung einer Klage der Opposition gegen das Wahlrecht der
Koalition anberaumt. „Ich bin froh, dass wir bald eine Entscheidung
über die Verfassungswidrigkeit der Überhangmandate bekommen“, sagte
Oppermann. Nach der aktuellen Umfrage von Infratest dimap, die die
Piraten bei 11 Prozent sieht, erhielte, das ergaben die Berechnung
des Parteienforschers Klecha, die Union 20 Überhangmandate und die
SPD 9. Von den insgesamt 29 Überhangmandaten würden je zwei
Überhangmandate der CDU und der SPD durch den Überlaufmechanismus der
geltenden Reststimmenverwertung mit Mandaten hinterlegt. Es
verblieben 25 unausgeglichene Überhangmandate, die meisten davon –
sechs – für die CDU in Baden-Württemberg, sowie je vier für die SPD
in Brandenburg und für die CDU in Sachsen-Anhalt.. Das von der
Koalition neu gefasste Wahlrecht behandelt die Bundesländer jeweils
als getrennte Wahlgebiete.

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