LVZ: Piratenchef Schlömer: Wir werden bald regierungsfähig sein / Auch Merkel sei als Kanzlerin wählbar / Ab April habe man auf alles eine Antwort

Im April nächsten Jahres wollen die Piraten auf
jede inhaltliche Frage der Wähler eine Antwort haben und mit Blick
auf ihre Regierungsfähigkeit wollen sie im Bund „in ungefähr zwei
Jahren“ bereit stehen, „vielleicht im Land aber auch schon nach der
Niedersachsenwahl“, die im Januar 2013 stattfinden soll. Das erklärte
der Vorsitzende der Piraten-Partei, Bernd Schlömer, in einem Gespräch
mit der „Leipziger Volkszeitung“ (Freitag-Ausgabe). Zweifel an der
Tragfähigkeit einer vertraglichen politischen Koalitionsvereinbarung
mit den Piraten bräuchte man nicht zu haben. „Wenn man einen Vertrag
eingeht, dann hat man sich auch daran zu halten“, so Schlömer. Was
sich aktuell an neuen Themen entwickele, müsste dann natürlich
jeweils aktuell ausgehandelt werden. Auf Bundesebene komme für die
Piraten „auch Angela Merkel als mögliche Koalitionspartnerin in
Frage“, sofern sie piratische Ziele teile. Allerdings gebe es
Positionen, „bei denen die Piraten nicht kompromissbereit sind: Mit
einer Partei, die zum Beispiel für die Vorratsdatenspeicherung
eintritt ist keinerlei Koalition oder Zusammenarbeit denkbar“. Ziel
der Piraten, so sagte deren Vorsitzender Schlömer weiter, sei es
auch, sich überflüssig zu machen. „Wenn ein Staat sich auf
Daseinsvorsorge beschränkt, wenn Menschen frei und selbstbestimmt
leben können, wenn der Egoismus nicht das Gesellschaftsziel ist, dann
sind die Piraten überflüssig.“ Bis dahin arbeiteten die Piraten aber
an dem Ziel, „digitale Volkspartei“ zu sein. Dazu brauche man aber
neben der virtuellen Meinungsbildung im Netz auch den persönlichen
Austausch außerhalb der digitalen Welt. „Stammtische und Bar-Camps,
also Wochenend-Diskussionsforen, sind auch für die Piraten
notwendig“, sagte Schlömer. Inhaltlich wollten die Piraten spätestens
im April 2013 soweit sein, keine inhaltliche Antwort mehr schuldig
bleiben zu müssen. „Wir haben nach dem November-Parteitag im Februar
ein en Reserveparteitag geplant.“ Das entspräche auch voll dem
angedachten Zeitplan zur Erstellung eines umfassenden
Parteiprogramms. „Dann gibt es ein Wahlprogramm und der Wähler kann
dann entscheiden, ob er die Piraten wählen will oder auch nicht.“ Im
Bereich der Verteidigungspolitik könne er deshalb bis dahin noch
nicht sagen, ob sein tatsächlicher Dienstherr,
Bundesverteidigungsminister Thomas de Maizière (CDU) einen guten Job
für Deutschland mache. Schlömer arbeitet in dessen Ministerium und
ist am Feierabend als Parteichef tätig. „Die Piraten haben zur
Verteidigungspolitik noch keine Position gefunden“ und er wolle sich
auch nicht gegen den Minister ausspielen lassen. Anders sehe die
Positionierung beispielsweise bei der Drogenpolitik aus. Die Piraten
seien für „eine Entkriminalisierung der Betäubungsmittel“, betonte
Schlömer. „Illegalisierung und Repression sind keine erfolgreiche
Politik. Prävention ist wichtig, aber auch, dass die Menschen nicht
ausgegrenzt und nicht kriminalisiert werden.“ In dem Gespräch
bekannte Schlömer auch, dass es bei den Mitarbeitern und
Funktionsträgern der Piraten auch wegen des Eifers und der
Ehrenamtlichkeit zu Erschöpfung, zu Burnout, komme. Das müsste
dringend korrigiert werden, indem die Arbeit auf viel mehr Köpfe
verteilt werde. Er sei von diesen erschöpfenden Zuständen nicht
betroffen, bekannte Schlömer. „Ich organisiere meine Arbeit so, dass
ich ruhig und gelassen möglichst lange durchhalten kann.“ Nachdem
Schlömer in der Vergangenheit oft über die angespannte finanzielle
Lage der Partei und über eine ungenügende Beitragsmoral gesprochen
hatte habe sich im übrigen bei ihm ein Inkasso-Büro gemeldet „es war
München Inkasso und nicht Kiew Inkasso“. Aber er habe auf dieses
Angebot nicht reagiert. „Ein Inkassobüro werden wir nicht brauchen“,
zeigte sich der Piratenchef zuversichtlich.

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