Angesichts der öffentlichen Debatte um Sexismus im
Fall von FDP-Fraktionschef Rainer Brüderle hat der Vorsitzende der
SPD-Bundestagsfraktion, Frank-Walter Steinmeier, „professionelle
Distanz“ der Beteiligten im Bereich von Politik und Medien
eingefordert. In einem Interview mit der „Leipziger Volkszeitung“
(Sonnabend-Ausgabe) sagte Steinmeier: Angesichts der jetzt
ausgelösten Debatte um Sexismus im Alltag „gibt´s jenseits von
Heuchelei nur einen Grundsatz, den sich Politiker – und vermutlich
nicht nur die – auferlegen müssen: nämlich professionelle Distanz
wahren!“.
Auf die Frage, ob ihn sein Kollege Brüderle leid tue wegen der
öffentlichen Debatte nach einem entsprechenden Stern-Artikel,
antwortete Steinmeier: „Wenn ihm Unrecht geschieht, tut er mir leid.
Ob das der Fall ist, weiß er nur selbst.“ Vom Sockel des
Ehrenmann-Denkmals seien aber „schon zu viele gestürzt – wir sollten
aufhören, jeden erst drauf zu hieven und ihn anschließend
runterfallen zu sehen“. Alle, die in Spitzenpositionen der Politik
einrückten, „wissen, dass sie in der ersten Reihe stehen und sich
deshalb einer neuen öffentlichen Durchleuchtung unterziehen müssen“,
sagte Steinmeier.“ Herr Brüderle ist ja nicht der erste, der das
erlebt.“
Die Nähe von Politik und Medien sei „unvermeidbar und beides wird
von Menschen gemacht“, meinte der SPD-Politiker. Er glaube aber
nicht, dass sie wirklich größer geworden sei. „Mein Eindruck ist,
dass in den alten Bonner Verhältnissen die persönlichen Beziehungen
zwischen Politik und Presse eher dichter waren als heute.“ Im
überschaubareren Bonn sei es häufig genug zu „grenzüberschreitenden“
Freundschaften gekommen. „Heute sind die Bedingungen gänzlich andere.
Der Konkurrenzdruck ist unendlich gewachsen, der kurzfristige
Verwertungsaspekt einer Information viel wichtiger geworden, als
alles andere.“ Die Distanz habe insgesamt eher zugenommen. Steinmeier
fügte hinzu: „Die Bereitschaft zu kurzfristigen taktischen Bündnissen
und damit zu gegenseitiger Instrumentalisierbarkeit, ist ohne Zweifel
größer geworden.“
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