LVZ: Wehrbeauftragter beklagt völlig unklare Perspektive für neuen freiwilligen Bundeswehr-Dienst: „Dann lieber zur Straßenbahn“

Hellmut Königshaus, Wehrbeauftragter des
Bundestages, sieht derzeit keinerlei verlässliche Perspektive für
Interessenten am neuen Freiwilligen-Dienst der Bundeswehr. In einem
Video-Interview mit der „Leipziger Volkszeitung“ (Dienstag-Ausgabe),
die in der Mediengruppe Madsack erscheint, meinte Königshaus, es
wundere ihn überhaupt nicht, dass sich kaum Freiwillige meldeten,
weil alles an Perspektive unklar sei. „So lange die Perspektive nicht
klar ist, sagt der sich, dann gehe ich doch lieber wieder zur
städtischen Straßenbahn“, sagte Königshaus.

Als „Kernforderung“ der Soldaten an dem neuen Bundeswehr-Umbau
verlangte der Wehrbeauftragte Job-Klarheit für die Soldaten. „Da geht
es für jeden Einzelnen um existenzielles, bis zur Familienplanung.
Wie lange kann ich noch bei diesem Arbeitgeber bleiben? Habe ich eine
Chance, dass meine Zeit-Verpflichtung verlängert wird, dass ich
übernommen werde als Berufssoldat und vieles andere mehr. An welchem
Standort werde ich in Zukunft eingesetzt?“

Zur Begründung dieser neuen beruflichen Klarheit für Soldaten in
der Nach-Wehrpflichtzeit führte Königshaus den Vergleich mit der
freien Wirtschaft an: „Wer zur städtischen Straßenbahn geht, kann
sicher sein, dass sein Einsatzort nicht über das Schienennetz der
städtischen Straßenbahngesellschaft reicht. Ein Mitarbeiter des
Bundesverteidigungsministers muss heutzutage damit rechnen, dass er
weltweit eingesetzt wird. Er muss aber eben auch damit rechnen, dass
auch sein regulärer Standort auf Anordnung seines Dienstherren
irgendwo in der Bundesrepublik festgelegt wird.“ Schon heute müssten
70 Prozent aller Soldaten pendeln, weil sie die Familie gar nicht so
häufig mitziehen lassen könnten. Und wenn, dann bedeute das große
Probleme für die Kinder in der Schule oder für den Arbeitsplatz des
Partners.

Eine ganze Reihe von Faktoren seien im Moment so unklar, dass
niemand, der im Moment unsicher sei, sich für die Bundeswehr
entscheide. „Momentan kann dem Bewerber nicht gesagt werden, was er
in Zukunft bei der Bundeswehr überhaupt machen soll, wo er sein wird,
was für eine Prämie es gibt, wie hoch das Gehalt möglicherweise sein
wird, wie lange man bleiben kann. Auch der Wehrdienstberater weiß
doch nicht, wie die Bundeswehr in Zukunft aussieht.“

In dem Interview verteidigte Königshaus auch seine Forderung nach
einer „dezentralen Konzentration“ bei den Bundeswehr-Standorten.
„Bestimmte zusammengehörende Truppengattungen sollten zusammengeführt
werden. Ein Soldat, der zu den Panzertruppen geht, weiß dann, er kann
rund um den Übungsplatz seine gesamte berufliche Zukunft bei der
Bundeswehr gestalten. Er muss nicht damit rechnen, mal hier hin mal
dort hin versetzt zu werden.“ Gleiches könnte auch für die Pioniere
gelten. „Das wird nicht bei allen Truppengattungen gehen“, räumte
Königshaus ein. Man brauche natürlich überall Feldjäger. „Aber auch
jeder Polizist weiß, wenn er nicht bei der Bundespolizei ist, dass er
nur innerhalb seines Bundeslandes versetzt wird“, so der
Wehrbeauftragte.

Das komplette Interview als Video und im vollen Wortlaut ist zu
finden unter: http://www.madsack-im-gespraech.de

Für technische Rückfragen (sendefähige O-Töne/Videomitschnitt):
dispoberlin@azmedia.de

Pressekontakt:
Leipziger Volkszeitung
Büro Berlin

Telefon: 030/233 244 0