Tausende protestieren gegen das neue
Polizeirecht. Markus Söder hält an der Verschärfung fest – und
verteilt ansonsten eine Menge Geld.
Ministerpräsident Markus Söder ist keine zwei Monate im Amt, hat
aber schon großen Wirbel verursacht. Schließlich steht die
Landtagswahl bevor, bei der er die absolute CSU-Mehrheit verteidigen
will. Diesem Ziel unterwirft er alle politischen Vorstöße. Ob sie
Sinn ergeben oder nicht, spielt keine Rolle. Der 51-Jährige setzt auf
zwei Methoden: Er verschärft Gesetze, um in einem sicheren Bundesland
noch mehr Sicherheit vorzugaukeln, und er verteilt das Geld mit der
Gießkanne. Den Steuerzahler kostet das Milliarden, der einzelne
Begünstigte profitiert kaum, weil ihn nur kleine Beträge erreichen
oder weil viel zu wenig Wohnungen gebaut werden. Söder versucht, mit
scheinbar einfachen Lösungen die Gunst der Menschen zu gewinnen, und
gibt damit den Populisten. Eine deutliche Verschärfung bringt das
Polizeigesetz, das die CSU-Mehrheit im Landtag Mitte Mai
verabschieden will. Es greift in die bürgerlichen Freiheitsrechte
ein. Bei nicht näher definierter „drohender Gefahr“ darf die Polizei
bald Post abfangen, Handydaten in der Cloud auswerten und bei der
Überwachung von Dult, Bahnhöfen und Demonstrationen eine
Gesichtserkennungs-Software nutzen. Der Widerstand der Bürger wächst.
Am Donnerstag, Christi Himmelfahrt, werden in München Tausende
dagegen demonstrieren. In Regensburg sind Ende April mehr als 4000
auf die Straße gegangen. Auch das Gesetz für psychisch Kranke empörte
viele Menschen. Nach dem Aufschrei ruderte Söder zurück. Die
fünfjährige Speicherung von Patientendaten, wenn Betroffene stationär
in der Psychiatrie behandelt werden, fällt weg. Polizeilich
registriert wird jetzt entgegen dem Entwurf nur, wer zwangsweise
untergebracht wurde oder gefährlich ist. Die Ankündigung, eine eigene
Grenzpolizei und ein Landesamt für Asyl einzuführen, zielt ebenfalls
auf die Wähler am rechten Rand. Doch die Bundespolizei kontrolliert
schon heute zusammen mit bayerischen Polizeibeamten die Grenzen. Das
neue Landesamt soll abgelehnte Flüchtlinge schnell abschieben. Die
Grundsatzentscheidung fällt aber das Bundesamt für Migration und
Flüchtlinge. Außerdem sind Abschiebungen in einem Rechtsstaat nicht
einfach. Das zeigt der Ellwanger Fall des Asylbewerbers aus Togo.
Obwohl es beim Abschiebungsversuch zur Bedrohung der Polizei kam,
darf der Mann nicht sofort ausgeflogen werden. Für viele ein Skandal,
aber das rechtsstaatliche Prozedere dauert eben. Daran wird Söders
Landesamt nichts ändern. Der monetäre Segen soll möglichst viele
Bevölkerungsschichten beglücken. Der Freistaat zahlt im September
erstmals ein Pflegegeld von 1000 Euro jährlich aus. Das ist ein
Tropfen auf den heißen Stein und mit hohen Hürden verbunden. Der
Medizinische Dienst muss Betroffenen dafür Pflegegrad 2 zubilligen.
Jeder, der solch einen Fall in der Familie hat, weiß, wie schwierig
das ist. Söder kündigt an, im Sommer die Bayernheim zu gründen, eine
staatliche Wohnungsbaugesellschaft. Bis 2025 soll sie 10 000 günstige
Wohnungen errichten. Das erinnert fatal an 2013, als der damalige
Finanzminister Söder dem Verkauf von 32 000 bezahlbaren GBW-Wohnungen
zustimmte. Das Bundesbaukindergeld von 1200 Euro jährlich will der
Ministerpräsident mit 300 Euro ergänzen. Diese Vorhaben reichen bei
Weitem nicht aus, denn in jeder boomenden Großstadt fehlen Tausende
Wohnungen. Beim Thema liegt der Franke richtig, nicht aber bei der
Realisierung. Laut einer Infratest Dimap-Befragung vom Mai, die die
CSU mit 41 Prozent bei der Oktoberwahl weit vorne sieht, sind 82
Prozent der Befragten mit der Wohnungspolitik unzufrieden. Eine
vorausschauende Politik darf das Geld nicht auf möglichst viele Köpfe
verteilen, sondern muss Strategien gegen die wichtigsten Probleme
finden und die Ressourcen hauptsächlich dort einsetzen: Wohnungsbau,
Fachkräftemangel in der Pflege und Hortbetreuung für Schulkinder.
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