Mittelbayerische Zeitung: Eine vertane Chance
Kommentar zu Sarrazin

Quo vadis, SPD? Diese Frage stellt sich immer
deutlicher. Sicher, auch andere Parteien haben radikale
Kehrtwendungen im Repertoire, gerade in Bayern. Aber man muss sich
nicht immer unbedingt am schlechten Beispiel orientieren. Die CSU hat
seinerzeit erlebt, wie wenig die Wähler den Zickzack-Kurs in Sachen
Rauchverbot goutierten. Die SPD hat sich mit dem Festhalten am
geistigen Brandstifter Thilo Sarrazin nun einen eigenen Schwelbrand
gelegt. Sarrazin kann fortan mit offizieller Rückendeckung falsche
und gefährliche Thesen in die Welt setzen, wenn er weiß, dass er mit
der Behauptung, es sei ja alles nicht so gemeint, davon kommt. Sein:
„Das wird man jawohl noch sagen dürfen“ ist endgültig zum Freibrief
geworden. Die Chance, Sarrazin loszuwerden, hat die SPD gehabt. Sie
hat sie verstreichen lassen. Der mangelnde Mut, klare Kante zu
zeigen, wird die Partei teuer zu stehen kommen. Der Ärger auf
Gabriel, Nahles und Co. wächst. Und wie der Wähler auf eine SPD
reagieren wird, die erneut bewiesen hat, dass Verlässlichkeit und
klare Linie derzeit nicht ihre Stärken sind, bleibt abzuwarten.

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