Mittelbayerische Zeitung: Profilierende Provokation

Von Christian Kucznierz

Man muss Ursula von der Leyen nicht mögen. Aber mangelnden Mut
wird ihr kaum jemand unterstellen. Der Ärger über ihr Rentenkonzept
ist gerade erst verraucht, da beginnt die Sozialministerin erneut
damit, im Gebälk der schwarz-gelben Koalition zu zündeln. Die sicher
bewusst interpretationsoffene Ankündigung im Armutsbericht, der Staat
wird prüfen, ob er zur Armutsbekämpfung nicht auch Reichere zur Kasse
bitten will, muss automatisch die FDP auf den Plan rufen – und die
Kanzlerin ist erneut gefragt, den all zu forschen Vorstoß ihrer
Ministerin zu relativieren. Dennoch: Merkel braucht von der Leyen im
Wahlkampf. Eine offene Flanke in Sachen sozialer Gerechtigkeit, die
die SPD ausnutzt, kann sich die CDU-Vorsitzende nicht leisten. Von
der Leyen war schon in der Vergangenheit oft Merkels Werkzeug. Sie
ist es auch jetzt – zumindest noch. Denn neben einer Kanzlerin und
CDU-Chefin, die immer als alternativlos dargestellt wird, profiliert
sich von der Leyen zunehmend als mögliche Alternative – freilich dann
für eine andere Koalition.

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