Schlimmer geht–s nicht mehr. Das hat man sich
bei der FDP schon des Öfteren gedacht – um dann stets vom Gegenteil
überzeugt zu werden. So wie gestern, als die Liberalen einen
Umfrageschock sondersgleichen erlitten. Die FDP genießt laut Forsa
bundesweit gerade einmal die Gunst von zwei Prozent der Wähler. Der
Bayerntrend ist mit drei Prozent nicht sehr viel erfreulicher. Was
macht sie bloß falsch, die Dauerkrisen-FDP? Tatsache ist: Ihr
Vorsitzender Philipp Rösler steht seit langem in der Kritik und so
beschäftigt sich die Partei mehr mit sich selbst als mit den
brennenden Themen dieser Zeit. Von Geschlossenheit kann die FDP nur
träumen. Und nun kommt auch noch Scheinheiligkeit dazu: Dirk Niebel
war es, der dieser Unzufriedenheit mit der Parteiführung beim
Dreikönigstreffen Ausdruck verlieh und mit Rösler abrechnete. Dafür
wird er nun wiederum von führenden Liberalen abgestraft – und das,
obwohl sich viele in der Partei den Abgang Röslers herbeisehnen und
längst für die Zeit danach planen. Anbrechen wird diese Ära, wenn die
FDP bei der niedersächsischen Landtagswahl am 20. Januar unter fünf
Prozent rutscht. Ein Nachfolger steht schon bereit: Der heimliche
Vorsitzende Rainer Brüderle. Ohne eine Überarbeitung der inhaltlichen
Agenda der FDP wird aber auch der es nicht schaffen, die FDP auf
Dauer über die Fünf-Prozent-Hürde zu hieven. Auch die SPD hat ein
Glaubwürdigkeitsproblem, wenn auch aus anderen Gründen: Nicht nur,
dass die Kür des Spitzenkandidaten aus der SPD-Troika in die Hose
ging. Der Kanzlerkandidat sollte möglichst spät, erst nach der
Landtagswahl in Niedersachsen, ausgerufen werden. Dann aber hatte die
Partei einen handfesten Führungsstreit am Hals – es musste eine
Entscheidung her. Seither läuft bei Peer Steinbrück kaum etwas nach
Plan. Debatten über Vortragsgehälter, die Höhe des Kanzlergehalts und
über seine angebliche Lobbyarbeit für Thyssen-Krupp ramponieren die
Glaubwürdigkeit des SPD-Kanzlerkandidaten – laut Forsa-Umfrage ist
Steinbrücks Abstand zu Angela Merkel (CDU) bei einer Direktwahl auf
36 Punkte gewachsen (58 zu 22 Prozent). Zudem ziehen die Turbulenzen
rund um Steinbrück die Sozialdemokratie ins Umfragetief. So liegt die
SPD im Bund nur noch bei 25 Prozent – der niedrigste Wert seit April
2012. Von den hausgemachten Problemen von FDP und SPD profitiert die
Union: Sie steht mit 42 Prozent auf einem Rekordhoch – die
Schwesterpartei CSU kann mit 47 Prozent gar wieder von der absoluten
Mehrheit in Bayern träumen. Hat die CDU erst einmal den Verlust ihres
Wunschkoalitionspartners FDP verarbeitet, kann sie sich schon einmal
überlegen, mit welcher Partei sie nach der Bundestagswahl koalieren
möchte. Vielleicht mit der SPD in einer großen Koalition? Rein
rechnerisch wäre das die sicherste Variante. Und stehen die
Sozialdemokraten erst einmal vor der Frage, ob sie sich mit der Union
in Regierungsverantwortung begeben oder lieber in die Opposition
gehen, werden sie sich der Anziehungskraft der Macht kaum entziehen
können. Die SPD aber ist nicht die einzige Partei, die in Frage
kommt. Die Grünen scheinen derzeit ein ähnlich glückliches Händchen
wie die Union zu haben. Sie legen in den Umfragen zu und bewegen sich
fernab jeglicher Führungsdebatte. Im Gegenteil: Mit der Urwahl ihrer
Spitzenkandidaten haben sie nicht nur die Basis eingebunden, sondern
auch in Bezug auf ein künftiges Regierungsbündnis mit der Union einen
geschickten Schachzug vorgenommen. Neben Jürgen Trittin führt Katrin
Göring-Eckart die Grünen in die Bundestagswahl – und die ist nicht
nur grün, sondern auch christlich und konservativ.
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