In einem Punkt gleicht die Wahl des Vorsitzenden der
katholischen Bischöfe dem Ausgang des Konklaves in Rom vor genau
einem Jahr: Wie Papst Franziskus kam auch Kardinal Reinhard Marx erst
im zweiten Anlauf zum neuen Amt. Aber die Hintergründe lassen sich
allenfalls im Spiegelbild als Parallele verstehen. Jorge Mario
Bergoglio hatte 2005 als Papst-Kandidat der Reformer keine Chance
gegen Joseph Ratzinger. Marx hingegen hätte 2008 gut als neues
Schwergewicht der Konservativen durchgehen können. Doch die Bischöfe
reagierten mit einem Abwehr-Reflex auf die Vorstellung, den gerade
zum Münchner Erzbischof avancierten Marx mit noch größerer Machtfülle
auszustatten. Dabei war Marx schon damals einer, mit dem sie hätten
Staat machen können. Marx gehört zu den politischsten Köpfen im
Episkopat. Er kann präsidieren, präsentieren und repräsentieren. Doch
zählt das in der Logik der Leisetreter und Bleichgesichter wenig. Ihr
Ruf nach mehr Demut ist oftmals bloß die verklausulierte Angst vor
Führung.
Pressekontakt:
Mitteldeutsche Zeitung
Hartmut Augustin
Telefon: 0345 565 4200