Merkels Pirouetten
Es ist atemberaubend, mit welchem Tempo Angela Merkel in diesen
Tagen ihre Grundsätze in der Atompolitik über Bord wirft. Der
Aktionismus belegt: Die Kanzlerin hat sich mit ihrem klaren Atomkurs
verzockt.
Jetzt rächt es sich bitter, dass die Bundesregierung den
Stromkonzernen im vergangenen Herbst mit verlängerten Laufzeiten für
ihre Meiler ein vorgezogenes Weihnachtsgeschenk machte – ohne Not und
gegen die Mehrheit der Bürger. So ist der atomare GAU von Fukushima
zum politischen GAU für die schwarz-gelbe Koalition geworden.
Merkel versucht deshalb auf Biegen und Brechen, den Stempel der
Atomkanzlerin wieder loszuwerden. Dabei vollführt sie erstaunliche
Pirouetten. Von den bislang behaupteten Stromlücken, die beim
Abschalten älterer Meiler entstehen, will die Kanzlerin nichts mehr
wissen. Auch die bis gestern angeblich irrationalen Ängste vor den
sicheren deutschen Kraftwerken hält die Kanzlerin heute für allzu
berechtigt. Die Gefahr ist plötzlich offenbar so groß, dass die
Regierung sieben Meiler mit einer juristisch gewagten Notoperation
sofort vom Netz nimmt.
Es ist mehr als zweifelhaft, ob die Kehrtwende der Kanzlerin und
anderer Unionsgranden bei den bevorstehenden Landtagswahlen helfen
wird. Zu durchsichtig ist der Versuch, mit dem politischen Schwenk zu
retten, was noch zu retten ist.
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