Neue OZ: Kommentar zu CDU / Angela Merkel

Was Schröders Erfahrung lehrt

Kein Zweifel: Es brodelt und grummelt an der Basis der CDU, und
etliche treue Mitglieder machen ihre Unzufriedenheit an Angela Merkel
fest. Mehr als einmal hat die pragmatische Kanzlerin wichtige
Positionen der Christdemokraten über Bord geworfen – am rasantesten
in der Atompolitik. Auch bei der Wehrpflicht und der Familienpolitik
mutet die Parteichefin gerade den Stammwählern aus dem konservativen
Flügel viel zu.

Hätte dieser Modernisierungskurs der Union neue Wählerschichten
zugeführt, wäre die innerparteiliche Zustimmung sicher größer. Aber
den Beleg dafür haben die Ergebnisse der Landtagswahlen in diesem
Jahr nicht erbracht. Im Gegenteil: Die sinkenden Umfragewerte sind
eindeutig.

Daher besteht für Merkel die Gefahr, dass ihr mit der Energiewende
ein ähnliches Desaster passiert wie seinerzeit Gerhard Schröder mit
Hartz IV. Weil es dem ebenfalls pragmatischen Kanzler nur zum Teil
gelang, die Sozialdemokraten auf seinen Kurs mitzunehmen, verlor die
SPD massiv an Zuspruch. Das führte zum Erstarken der Linken.

Noch droht der Parteichefin kein innerparteilicher Konkurrent. Und
eine neue konservative Partei rechts von der Union ist derzeit
ebenfalls nicht in Sicht. Dennoch: Merkel hat viel Überzeugungsarbeit
zu leisten. Sie muss ihre Parteifreunde stärker mitnehmen und
verdeutlichen, welche Inhalte zum Markenkern der CDU gehören und was
verhandelbar ist. Nur Pragmatismus reicht nicht.

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