Neue OZ: Kommentar zu Missbrauchsopfer/ Entschädigungszahlungen

Pflock eingeschlagen

Es darf keine Opfer zweiter Klasse geben, lautete die Ansage.
Dieses Ziel hat Christine Bergmann, die unabhängige Beauftragte zur
Aufarbeitung des sexuellen Kindesmissbrauchs, konsequent verfolgt.
Sie drängt auf umfassende therapeutische Hilfen auch für diejenigen,
die in Familien missbraucht worden sind. Das ist höchst
verdienstvoll, denn die meisten Missbrauchsfälle ereignen sich im
familiären und sozialen Umfeld der Betroffenen. Und ihre Leiden
wiegen genauso schwer wie die jener Menschen, die in kirchlichen
Einrichtungen, Schulen, Vereinen oder anderen Institutionen
attackiert wurden.

Zurückhaltender äußert sich Bergmann auf den ersten Blick zu
möglichen Entschädigungszahlungen. Sie nennt keine Zahlen, auch ist
im Abschlussbericht nicht von pauschalen Leistungen die Rede, wie
Opfervertreter sie häufig fordern. Und dennoch hat Bergmann einen
wichtigen Pflock eingeschlagen. Indem sie auf die
Schmerzensgeldtabellen für Vergewaltigungsopfer hinweist, führt sie
eine neue Größenordnung in die Debatte ein. Mögliche Zahlungen von
bis zu 50 000 Euro lassen jedenfalls aufhorchen.

Nun sind Politik und Verbände am Zug. Sie können nicht länger auf
ausstehenden Expertenrat verweisen, sondern müssen jetzt endlich
handeln – zugunsten der Missbrauchsopfer, aber auch im Fall der
ehemaligen Heimkinder, die ebenfalls immer noch auf eine Lösung ihrer
Probleme und auf eine öffentliche Rehabilitation warten.

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