Kleiner Wurf
Die Karlsruher Richter haben mit ihrem Urteil zur
Versammlungsfreiheit die Chance zum großen Wurf vertan. Die
entscheidende Frage, inwieweit der Bürger auch in privaten
Einkaufszentren demonstrieren darf, ließen die Verfassungshüter
gestern offen.
Sicher: Das Problem stellte sich im konkreten Fall nicht und
konnte offenbleiben. Dennoch wäre es richtig gewesen, hier Klarheit
für Bürger und Unternehmen zu schaffen. Vieles spricht dafür, dass
Karlsruhe auch Konsummeilen in Privatregie als Orte des öffentlichen
Lebens für Demonstranten öffnen will. Was richtig wäre. Um Gewissheit
zu haben, bedarf es nun aber weiterer Klagen. Das ist für die
Betroffenen wie für die Justiz ärgerlich.
Erfreulich klar fiel das Urteil dagegen im Hinblick auf Flughäfen,
Bahnhöfe und Unternehmen unter staatlicher Kontrolle aus.
Selbstverständlich muss die Versammlungsfreiheit des Grundgesetzes
hier gelten. Und natürlich endet sie dort, wo der Reiseverkehr
gestört wird oder sogar die Sicherheit der Passagiere in Gefahr
gerät.
Karlsruhe hat den öffentlichen Raum, in dem demonstriert werden
darf, also ein gutes Stück ausgeweitet. Künftig darf der Staat eben
nicht mehr beide Augen zudrücken, wenn etwa missliebige Demonstranten
am Frankfurter Flughafen vor den Abflugschaltern vertrieben werden.
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