Neue OZ: Kommentar zu Wulff / Ehrensold

Wulffs Maßstäbe

Hat der ehemalige Bundespräsident Christian Wulff Anspruch auf
jährlich 200 000 Euro Ehrensold? Oder sollte er darauf verzichten,
wie Walter Scheel, einer seiner Vorgänger, es fordert?

Knifflige Frage. Denn das Gesetz über die Ruhebezüge des
Bundespräsidenten lässt sich sowohl in die eine als auch in die
andere Richtung interpretieren. Anspruch auf einen Ehrensold besteht
demnach dann, wenn politische oder gesundheitliche Gründe für einen
Rücktritt vorliegen. Und genau solche Gründe hat Wulff bereits
geltend gemacht, als er in seiner Abschiedsrede sagte, dass er nicht
mehr genug Vertrauen genieße, um das Amt auszuüben.

Hintergrund sind zwar mögliche persönliche Verfehlungen. Doch ist
offen, ob ihm etwas nachgewiesen wird oder er am Ende unbescholten
dasteht. Es verbietet sich daher, vorschnell den Stab über ihn zu
brechen.

Grundsätzlich kann man aber sehr wohl streiten, ob 200 000 Euro
Ehrensold im Jahr angemessen sind – vor allem dann, wenn eine
Amtszeit vorzeitig endet und der Bezieher des Solds noch jung und
durchaus in der Lage ist, eine neue bezahlte Arbeit aufzunehmen. Es
sollten folglich Abstriche gemacht werden – wenn nicht jetzt, dann in
der Zukunft.

Auch Wulff selbst sieht dies im Übrigen so, wie er 2010 gesagt
hat. Er muss es sich deshalb gefallen lassen, einmal mehr an den
eigenen Maßstäben gemessen zu werden.

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